"Sehen Sie, kaum fällt das Thema Bachmannpreis, komme ich, wen wird es wundern, auch schon ins Plaudern". Mit seiner "Klagenfurter Rede" unter dem Titel "Mythos, Schmerz, Erfolg und Amt" eröffnete Burkhard Spinnen die 40. Tage der deutschsprachigen Literatur. Der langjährige Juryvorsitzende, der 1992 beim Bachmann-Preis selbst mit dem "Stipendium der Kärntner Industrie" ausgezeichnet wurde, sprach über sein Unbehaben angesichts des großen Mythos "Bachmann-Preis", wie er in seinen ersten zehn Jahren unter anderem von Marcel Reich-Ranicki geprägt wurde. "Genauer gesagt, die Diskussionen hier in Klagenfurt konnten noch so angemessen und respektvoll ausfallen, es änderte nichts daran, dass ich draußen im Land immer wieder auf Menschen traf, die mir entweder vorwarfen, dass ich an dieser scheußlichen Vernichtungsorgie teilnehme, oder sich darüber beschwerten, dass neulich mal wieder nicht laut und heftig genug vernichtet worden sei."
Schmerz
Burkhard Sprinnen sprach aber auch über den Schmerz des lesenden Autors: "Die Erfahrung, dass etwas Geliebtes oder Geschätztes von anderen, womöglich sogar von Leuten, die man selbst achtet und schätzt, überhaupt nicht geschätzt und erst recht nicht geliebt wird, gehört zu den zentralen Erfahrungen beim Bachmannpreis."
Und über den Erfolg, der sich mit dem Bachmann-Preis einstellen kann. Und wurde dann auch ein bisschen nostalgisch angesichts der Tatsache, dass er erstmals 1992 in Klagenfurt zu Gast war und acht Jahre später als Jury-Mitglied zurückkehrte und 2008 deren Vorsitz übernahm: "Seitdem mischte sich allerdings in jede Veränderung der äußerst schmerzliche Anteil des Älterwerdens. Ich hoffe, ich bin noch rechtzeitig aus dem Amt geschieden, bevor ich im Amte zum Amtmann und also zu Stein geworden bin. Ich bin guten Mutes." Den gesamten Text zum Nachlesen gibt es hier. Zum Abschluss der Eröffnung bekam er für seine 15-jährige Tätigkeit die Goldene Medaille der Stadt Klagenfurt.
Sorgfältiger Umgang
Auch sein Nachfolger als Jury-Vorsitzender Hubert Winkels erinnerte in einen Begrüßungsrede daran, dass in den Anfangszeiten vor allem die Juroren im Mittelpunkt des Preises standen: "Ich glaube, dass diese Form der Aburteilung viel weniger wichtig ist als der sorgfältige Umgang mit den Texten, die gelesen wurden."
Zuvor betonte Moderator Christian Ankowitsch die Internationalität des Preises. Drei der Teilnehmer sind in anderen Sprachen aufgewachsen. "Der Bachmann-Preis setzt Maßstäbe, was die Weiterentwicklung der deutschsprachigen Literatur betrifft", so Ankowitsch.
ORF-Kärnten-Chefin Karin Bernhard zitierte aus dem Essay von Ingeborg Bachmann "Was ich in Rom sah und hörte": „‚Ich hörte, dass es in der Welt mehr Zeit als Verstand gibt, aber dass uns die Augen zum Sehen gegeben sind.‘ Für diesen Bachmannpreis zum 90. Geburtstag von Ingeborg Bachmann und zum 40. Bewerb wünsche ich dieser Veranstaltung, dass wir mehr Verstand als Zeit erleben können.“
"Stehe voll hinter dem Preis"
Klagenfurts Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz erinnerte an die Anfangstage des Bachmann-Preises und sagte: "Es macht mich besonders stolz, dass wir heuer bereits zum 40. Mal den Bachmann-Preis eröffnen." Und weiter: "Heute kann ich versichern, dass ich voll und ganz hinter dem Bachmann-Preis stehe. Ich sehe dem nächsten Jahrzehnt mit Freude entgegen."
Der "Bachmann-Preis ist ein Fossil in der Landschaft", sagt Petra Gruber, ORF-Koordinatiorin 3sat. Aber auch nach 28 Jahren sei es dem Sender ein großes Anliegen, die Sendefläche zur Verfügung zu stellen. Heuer überträgt 3sat übrigens insgesamt 960 Minuten live.
Für die Politiker Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und Kulturlandesrat Christian Benger (ÖVP) sowie die Sponsoren BKS-Chefin Herta Stockbauer, Werner Pietsch von der Kelag mussten jeweils kurz zu fünf Begriffen sprechen. Immer mit dabei: die "Finanzierungszusage für 2017".
Auslosung
Vor der "Klagenfurter Rede" wurde noch die Lesereihenfolge ausgelost. Eröffnet wird der Lesereigen von Stefanie Sargnagel, der einzigen Österreicherin bei den diesjährigen Tagen der deutschsprachigen Literatur. Sie scheint sich nicht wirklich über den frühen Termin zu freuen. Auf Facebook postete sie noch während der Eröffnung:
Österreich-Bezüge haben auch Marko Dinić, ein in Salzburg lebender gebürtiger Wiener mit serbischem Pass, sowie der Deutsche Bastian Schneider, der sich nach sechs Jahren Wien "mehr als Wiener Autor denn als deutscher Autor" fühlt. Beide lesen ebenfalls am Eröffnungstag.