Von wegen "Warm-up": Am Donnerstag wurde beim Nova Rock in Nickelsdorf zwar erst eine der Hauptbühnen bespielt. Aber die Auftritte von Acts wie Amon Amarth oder Puscifer konnten das zahlreich erschienene Publikum überzeugen. Den Höhepunkt markierten gegen Mitternacht die Shows von Billy Talent und Korn: Solide wurde hier zwischen Punkrock und Nu-Metal gependelt - wenn auch ohne Neuigkeitswert.

Wobei immerhin die Kanadier von Billy Talent frisches Material im Gepäck hatten: Ende Juli erscheint mit "Afraid of Heights" das fünfte Album der Gruppe um Sänger Ben Kowalewicz, die man guten Gewissens als erfahrene Festivalband bezeichnen kann. Seit Jahren spielt man sich durch die hiesige Szene und kann dabei auch auf einen ordentlichen Stock an Hits zurückgreifen. "Danke für das Kompliment", lachte Kowalewicz im APA-Interview. "Die Ironie ist ja: Als wir in Kanada aufgewachsen sind, gab es dort keine Festivals. Das war ein sehr europäisches Ding, das wir eigentlich nicht kannten. Aber mittlerweile haben wir seit fast zehn Jahren das Privileg, auf diesen Festivals zu spielen - angefangen von den Auftritten mittags auf den kleinen Bühnen bis zu den späten Slots."

Ein solcher war es auch heuer am Nova Rock, den die Gruppe zu nutzen wusste und mit Songs wie "Red Flag" oder "This Is How It Goes" die Fans animieren konnte. Für die gab es auch ein neues Gesicht, wird doch Drummer Aaron Solowoniuk, dessen Multiple-Sklerose-Erkrankung sich zuletzt verschlechterte, derzeit vom befreundeten Musiker Jordan Hastings ersetzt. Eingespielt zeigte man sich dennoch, wobei Kowalewicz und Co vor allem mit dem Publikum umzugehen wissen. "Man bekommt eine gewisse Erfahrung darin", so der Sänger. "Bei Festivals gibt es eine andere Energie. Du musst Leute überzeugen, aber ich mag diese Herausforderung." Das man tagelang nur dem Musikgenuss frönt und im Zelt nächtigt, könne er jedenfalls verstehen. "Das ist doch die beste Zeit in deinem Leben", schmunzelte Kowalewicz. "Du kommst mit viel Bier, aber keinem Wasser hierher und hast einfach viel Spaß. Für uns ist das beinahe schon eindimensional: Wir gehen auf die Bühne und spielen. Für die Besucher hingegen könnte es das schönste Wochenende ihres Lebens werden."

Einen weiteren Puzzlestein zum Gelingen dieses Vorhabens beigetragen haben auch Korn: Seit mehr als 20 Jahren ist die kalifornische Band um Frontmann Jonathan Davis auf den Bühnen dieser Welt unterwegs. Als Mitbegründer des fragwürdigen Nu-Metal-Stils in den 90ern hat man sich dabei ein Standing im Musikbusiness erspielt, bei dem auch der seit Jahren fehlende Innovationswert niemanden wirklich stört. Hämmernde Bässe, besonders tiefgestimmte Gitarren und ein Sänger, der gerne sein Innerstes nach außen kehrt - das kann man hier immer erwarten.

Dementsprechend pflügten Korn durch ihr bisheriges Schaffen, mal dezent krachig ("Right Now"), dann massiv mit Industrialklängen flirtend ("Here to Stay"), bis zu obligatorischen Gassenhauern im Stile von "Falling Away From Me". Davis schrie sich dabei die Seele aus dem Leib (im wahrsten Sinne des Wortes, wenn man einmal die Lyrics einer genaueren Betrachtung unterzieht) und ließ die Rastazöpfe fliegen. Mit 45 Jahren Alterserscheinungen offenbaren? Nicht, wenn man im stets jugendlich gebliebenen Segment unterwegs ist und auch bei neuen Fans punkten muss. Natürlich: Das Frühwerk wie "Blind" oder "Twist" klingt zwar immer noch am wütendsten und überzeugendsten. Unterzukriegen sind Korn deshalb aber nicht, wie die jubelnde Menge untermauerte. Und ganz abgesehen davon hatte das Aufwärmen immerhin einen wichtigen Aspekt: So konnte man den immer wieder einsetzenden Nieselregen wegtanzen.