Eine Szene, relativ am Anfang des neuen ARD-Dreiteilers, zeigt eine wandgroße Deutschlandkarte. Beate Zschäpe (gespielt von Anna Maria Mühe) trifft Anfang der 1990er-Jahre zum ersten Mal Uwe Mundlos. Der hat einen Pinsel in der Hand und malt etwas auf eine Wand. "Soll das 'ne Deutschlandkarte sein?", fragt Zschäpe. Er antwortet: "Klar, 1937." Da nimmt das Unheil seinen Anfang.

Während Zschäpe in Realität also in München vor Gericht steht, fragt der Film: Wie kann so etwas passieren?

Wie Klassenkameraden

Regisseur Christian Schwochow ("Novemberkind") sagt, er habe sich dem Fall - so weit man das tun könne - ohne Ideologie nähern wollen. Sie hätten versucht, die Drei zu sehen, als seien sie Klassenkameraden, die man nicht richtig gekannt habe. In Teil eins  "Heute ist nicht alle Tage" lernt der Zuschauer  Beate Zschäpe also 1989/1990 in Thüringen kennen. Da ist sie noch mehr Beate als Zschäpe, trägt eine rosafarbene Jacke und freut sich, als Fremde ihr einen Walkman schenken.

Bei Mutti im Plattenbau gibt es Geburtstagskuchen und im Supermarkt nach der Wende neue Waschmittelpackungen, gegen die sie mit ihrer Freundin die Nase presst. In einer Szene hört man Kanzler Helmut Kohl von den "blühenden Landschaften" sprechen, die er dem Osten voraussagt. Dann taucht Beates Cousin mit kurz geschorenen Haaren und Bomberjacke auf: "Willste mitkommen, mal 'ne Aktion machen?"

Neonazi-Party

Was sich dann entwickelt, ist in manchen Szenen schwer auszuhalten. Uwe Mundlos (gespielt von Albrecht Schuch) redet bald von Ariern, die in ihrer in Reinkultur bedroht seien. Und auf einer Neonazi-Party singt dann irgendwann einer, dass die Beate Geburtstag hat, da "knallen wir den Ali mit 'nem Schießgewehr" ab. Dem sogenannten "Nationalsozialistischen Untergrund" wirft die Anklage heute zehn überwiegend rassistische motivierte Morde vor.

Der Film versucht, einen Ansatz zu liefern, warum es so gekommen sein könnte. Sie wollten nicht eine historische Geschichte aufarbeiten, sagt Produzentin Gabriela Sperl. Sie wollten unter keinen Umständen allein die Geschichte des Trios abbilden. "Wir erzählen eine deutsche Geschichte", sagt sie. "Wir werfen Fragen auf." Ist Zschäpe da so reingerutscht, wie man halt in dem Alter in so einiges hineinrutscht? Was hat dazu geführt, dass sie in Parolen, Hass und Gewalt - so zeigt es zumindest der Film - aufgeht?

Für Schauspielerin Mühe war es nach eigenen Angaben schwer, beim Dreh abzuschalten. "Schwierig war für mich, einen ruhigen Schlaf zu finden. Tagsüber "Heil Hitler" durch Jena zu grölen, lässt sich nicht so einfach abschütteln", sagte die 30-Jährige.

Themen-Paket

Insgesamt umfasst das ARD-Projekt "Mitten in Deutschland: NSU" drei Spielfilme und eine Dokumentation. Auch das ZDF hat bereits einen Film über Zschäpe gemacht. Teil 2 des ARD-Projekts ("Die Opfer  Vergesst mich nicht" am 4. 4.) befasst sich mit der Sicht der Opfer. Es ist die Verfilmung des Buchs von Semiya Simsek, deren Vater Enver 2001 in Nürnberg ermordet worden war. Teil 3 am 6. April nimmt mögliche Pannen bei der Aufklärung der Mordserie in den Blick. Alle drei Filme sind von unterschiedlichen Regisseuren, es gibt vereinzelt Verbindungen.

Haltung

Regisseur Christian Schwochow sagt, sich den Personen wie Mitschülern zu nähern, sei auch ein in Teilen empathisches Vorgehen. Wenn es darum gehe, erstmal ganz nüchtern zu gucken, wo Rechtsextremismus wachse. Bis heute werde Rechtsextremismus als ostdeutsches Randphänomen beschrieben. "Wir wissen, dass es nicht stimmt." Der Zuschauer soll aufgefordert werden zum Mitdenken und Fühlen. Produzentin Sperl: "Wir müssen selber eine Haltung haben zu dem, was da stattfindet."