Der österreichische Fernsehjournalist, Schriftsteller und Lyriker Alexander Giese ist tot. Der frühere Präsident des österreichischen PEN-Clubs verstarb am Dienstagnachmittag 94-jährig in Wien, wie seine Familie der APA mitteilte. Als Chef der Hauptabteilung Kultur, Wissenschaft und Volksbildung unter dem früheren ORF-Generalintendanten Gerd Bacher prägte Giese das öffentlich-rechtliche Fernsehen.
Der promovierte Historiker war aber auch Autor einer Reihe historischer Romane, in denen er sich vor allem mit der nach wie vor aktuellen Frage beschäftigte, ob Humanismus und Toleranz in einer "Welt, die in zunehmendem Maß von Terror, Verbrechen und Intoleranz beherrscht wird" noch eine Chance hat. In den vergangenen Jahren lebte Giese zurückgezogen in Wien. Noch 2013 publizierte er die überarbeitete Fassung seiner Übersetzung der gesamten Shakespeare-Sonette.
Geboren wurde Giese am 21. November 1921 in Wien, wo er ein Studium in Germanistik, Anglistik und Geschichte begann. Nach Rückkehr aus der US-Kriegsgefangenschaft in Italien was er als Übersetzer am US High-Council tätig, 1948 promovierte Giese schließlich mit dem Hauptfach Geschichte und legte in Deutsch und Geschichte auch die Lehramtsprüfung ab. In den folgenden Jahren war er Abteilungsleiter des Bildungsreferats des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (1950-53).
Im Anschluss daran übernahm Giese die Leitung des UKW-Versuchsprogramms, bevor er Ende der 1950er Jahre zum Hauptabteilungsleiter für die Programmplanung wurde. Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1983 stand er der Wissenschafts- und Bildungsabteilung des ORF-Fernsehen vor, wo er einerseits die Kulturberichterstattung forcierte und andererseits Neuerungen wie das "Nachtstudio" einführte. Während dieser Zeit beim heimischen Rundfunk war Giese von 1970 bis 1982 auch Lektor am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaften an der Universität Wien, 1973 wurde er zum Professor h.c. ernannt.
Die Verbindung zur Literatur äußerte sich bei Giese in vielfältiger Weise. 1967 wurde er in den österreichischen PEN-Club aufgenommen, dem er von 1990 bis 1998 als Präsident vorstand. In dieser Zeit setzte er sich vehement für die Stärkung von Schriftstellerinnen und Journalistinnen in bedrohten gebieten ein, auch die "Writers in prison" waren ein wesentliches Anliegen des Journalisten. Nach der Rücklegung der Führungsgeschäfte wird Giese zum Ehrenpräsident ernannt.
In seinen Romanen beschäftigt sich Giese vorwiegend mit historischen Themen, beispielsweise in "Wie ein Fremder im Vaterland" (1975), "Wie Schnee in der Wüste" (1976), "Geduldet euch, Brüder" (1976) oder "Die Freimaurer" (1991). Letzteres war insofern ein naheliegendes Sujet, als Giese von 1975 bis 1986 Großmeister der Freimaurer-Loge in Österreich war und in diesem Zusammenhang Anfang der 1980er Jahre Ziel eines neonationalistischen Bombenanschlags wurde. 1962 erschien erstmals auch Lyrik, zudem verfasste Giese zahlreiche Rundfunk- und Fernsehsendungen, Hörspiele und Filme und machte sich einen Namen als Herausgeber (Gedichte und Prosa von Friedrich Hebbel) und Übersetzer (Shakespeare-Sonette und italienische Hörspiele).
Giese ist Träger zahlreicher Preise und Auszeichnungen, u.a. des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich (1954), der Ehrenmedaille und des Ehrenzeichens der Stadt Wien (1981), des Offizierskreuzes der Republik Polen (1999) und des Ehrenzeichens des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen (2000).