Vergangene Woche präsentierte die IG Kultur die Bilanz ihrer letzten "Legislaturperiode" 2010-15 (wir berichteten). Die Interessenvertretung von rund 100 Kulturinstitutionen in der Steiermark ortet wegen des Sparkurses "große Depression und Enttäuschung unter den Kulturschaffenden". Und sie behauptet, dass trotz dieser heiklen Situation sogar im Landtagswahlkampf bei den Parteien zu den Themen Kunst und Kultur kaum mehr als beredtes Schweigen herrsche. Wir machten uns daher auf den Webseiten und in den Wahlprogrammen der acht antretenden Parteien selbst auf die Suche, wurden aber tatsächlich fast nur mit der Lupe fündig.

SPÖ

Auf die Frage, welchen Stellenwert die Kultur in der nächsten Regierung haben werde, gestand Landeshauptmann Franz Voves in seinem jüngsten Interview mit der Kleinen Zeitung: "Ich habe die Kultur nicht dezidiert im Programm." Er gehe davon aus, dass er mit der ÖVP weiter zusammenarbeiten und für die Ressortaufteilungen eine gemeinsame Lösung gefunden werde. Im allgemeinen Parteiprogramm der SPÖ sind der Kultur durchaus detaillierte Ziele gewidmet, unter den fünf Punkten des "Impuls-Plans" von Voves kommt sie allerdings nicht vor. Aber man kann ja via Webseite "IBOX-Mitglied" werden. IBOX ist laut Langenscheidt übrigens nicht die Übersetzung für "Parteibuch", dennoch wird versprochen: "Es ist gut, bei der SPÖ zu sein, weil sie für die freie Entfaltung von Kultur und KünstlerInnen ist." Freiheit für 5,70 Euro im Monat.

ÖVP

Hanns Koren zeigte es seinerzeit exemplarisch vor, was alles zwischen Gamsbart und Avantgarde passt. Die steirische ÖVP hat das offenbar doch noch nicht ganz vergessen. In der aktuellen Wahlbroschüre "Denken. Handeln. Leben" von Hermann Schützenhöfer und den Seinen taucht das Thema Kultur zwar erst als Schlusspunkt auf, dafür aber gleich auf einer Doppelseite. Kernaussagen im Zitat: "Kunst und Kultur sind unabdingbare Bestandteile des menschlichen Daseins. Viele Initiativen in unserem Lande sind im Laufen, andere sind in die Jahre gekommen. Unsere Vision ist es, die Steiermark mit einigen starken Impulsen wieder zu einer international beachteten Kulturregion zu machen. Volkskultur, Hochkultur, Popkultur, Museen und Events, Wissenschaft und Kunst, kleine Initiativen und große Institutionen sind längst miteinander verflochten. Diese Vision der ,ungewöhnlichen Verknüpfungen' soll auch für den Kulturtourismus in der Steiermark anziehend sein." Weil Papier bekanntlich geduldig ist, die große Riege der Künstler, Kulturschaffenden und Veranstalter jedoch ungeduldig, wird man sich weiterhin kritisch an Taten messen lassen müssen.

FPÖ

Die Freiheitlichen haben ein 14-teiliges Wahlprogramm mit 14 Rufzeichen parat, das von "Arbeitsplatz für die Steirer!" über "Asylchaos beenden!" bis "Stärkung der direkten Demokratie!" reicht. Kultur bleibt draußen. Es sei denn, man sucht unter dem Stichwort "Kultur" auf der Heimatseite. Da findet man immerhin einen Eintrag von Gerhard Kurzmann: "Militärmusik Steiermark muss als Kulturträger erhalten bleiben!" vom Oktober. Oder, aktueller, vom Spitzenkandidaten Mario Kunasek: "Kämpfen wir für unsere traditionsreiche steirische Wirtshauskultur!"

GRÜNE

Lisa Rücker reagierte zuletzt als Einzige aus der Politik auf die Proteste der Klubszene und die Sorge der IG Kultur über die Zukunft der kulturellen Vielfalt. Die Grazer Kulturstadträtin verurteilt "die Blockade durch den Behördendschungel in der Stadt und die Budgetkürzungen durch das Land". Forderungen der Grünen sind unter anderem: "Gesetz zur sozialen Absicherung von KünstlerInnen. Klares Bekenntnis zur Nachwuchsförderung. Transparenz in der Kulturförderung und Umverteilung, etwa Richtung Popmusik. 10 Millionen Euro für einen neuen Kunstfonds für spartenübergreifende Projekte. Ausweitung der Aktion ,Hunger auf Kunst und Kultur'. Schaffung günstiger Proberäume und Ateliers."

KPÖ

Auf ihrem zweiseitigen Wahlprogramm-Folder fordert die KPÖ "die Schaffung eines öffentlichen Beschäftigungssektors in den Bereichen Pflege, Kultur, Wissenschaft, Gesundheit und Bildung, finanziert aus Milliardengewinnen der Konzerne und Zinserträgen der Superreichen". Und sonst? Wenig. Zuletzt setzte man sich für die Altstadt als wesentlichen Teil des Grazer Weltkulturerbes ein und beklagte "die Vertrösterei des Kaufhaus-Managements beim Dach von Kastner & Öhler".

TEAM STRONACH

Das Team Stronach steht in seinem bundesweit gültigen Grundsatzprogramm zur Kultur, nämlich als "identitätsstiftendem Faktor, als Spiegelbild der Lebenshaltung, als Provokation oder als reine Konsumation im Sinne von Kulturgenuss". Sie sei aber nicht Selbstzweck. Man fordere "entsprechende Eigenfinanzierungsanteile, die das Interesse der Bevölkerung widerspiegeln, sowie die Durchforstung der Förderungen, damit nicht die besten Beziehungen, sondern die besten Ideen ausschlaggebend sind". Zur konkreten Kultursituation in der Steiermark: null.

NEOS

In ihrem 35-seitigen Wahlprogramm listen die Neos "9 1/2 Punkte für die Steiermark" auf. Darin fordert man unter anderem "eine offene Willkommenskultur für Ausländer" und tritt dafür ein, "dass für öffentliche Sport-, Kultur- und Freizeitmöglichkeiten Jugendtickets forciert werden". Was immer das auch heißen mag.

PIRATEN

Fluch der Akribik: Nimmt man auf der Webseite der nur in Graz antretenden Piraten die Lupe her, springt unter "Kultur" ein einziges Ergebnis auf - die Reaktion auf das Doppelbudget der Stadt Graz im Dezember: "Erfreulich, dass nach ständigen Kürzungen bei Kunst und Kultur in der Vergangenheit endlich wieder mehr Geld zur Verfügung steht. Ob die ,Kleinen' profitieren oder ob das Mehr an Mitteln nur für Großprojekte und die sogenannte ,Hochkultur' verwendet wird, werden wir erst sehen - wir hoffen auf eine Stärkung der ,Kleinen'."

MICHAEL TSCHIDA