Ihre Biografie im "Nebelland"-Katalog ist ganz kurz: Geboren in Klagenfurt, in Ferlach aufgewachsen, sehr spät in die Kunstszene vorgestoßen. Tatsächlich kam Ines Doujak erst "nach einer Serie von Zufällen" als 30-Jährige an die Angewandte. Da war sie bereits gelernte Tischlerin und wollte sich beruflich verändern.

"Tischlerin gelernt zu haben ist super, wenn man nicht in der Tischlerwerkstatt arbeiten muss", ist Doujak noch heute überzeugt. Längst gilt ihr Interesse auch Stoffen. Die Textilarbeit in der Klagenfurter "Nebelland"-Ausstellung ist ein Auszug aus einer "großen Arbeit, die im Herbst 2014 zur Gänze bei der Biennale in São Paulo vorgestellt wird". Seit vier Jahren arbeitet Ines Doujak bereits am Projekt Loomshuttles/Warpaths (Webschiffe/Kriegspfade), das sich mit den komplexen Beziehungen zwischen Stoff, Kleidung und Kolonialismus auseinandersetzt.

Wie entstand das im MMKK gezeigte Projekt Haute Couture überhaupt?

INES DOUJAK: Als 19-Jährige war ich in Südamerika, hauptsächlich in den Andenländern. Mit sehr beschränkten Mitteln habe ich begonnen, Textilien zu sammeln. Das wurde zum Ausgangspunkt für eine größere Sammlung. Die Fragen, die mich beschäftigt haben, waren: Was wird als Kunst beschrieben, was als Handarbeit? Wie beschreibt das wiederum koloniale und Geschlechterverhältnisse? In Bolivien gibt es Textilien, denen Wesenheit zugeschrieben wird. Textilien, die als Sitz der Ahnen gelten. Wenn Textilien "sprechen", dann muss man schauen, ob sie auch sprechen, wenn sie aus ihrer Umgebung herausgenommen sind. Ich habe 48 Textilien nach Österreich gebracht und an Künstler, Dichter, Philosophinnen verschickt, mit der Bitte in Kommunikation zu treten . . .

Und, sprechen die Textilien?

DOUJAK: Manche ja, manche nicht. Die Antworten waren Texte, Gedichte, Bilder, alles Mögliche. In dieser Fülle ergibt sich ein Bild, das interessant sein kann. Ich habe dann Archivkarten entworfen, wo ich Textil visuell interpretiert habe: Ein Poster, oben steht ein Begriff zu Farben und Stoffen, etwa Leinen und Ultramarin, unten eine Zahl, die über eine Periode von 700 Jahren ein Datum beschreibt, das meist in Zusammenhang mit einem Aufstand oder einer Revolte im Textilsektor steht. Meine tabellarische Auflistung hat 1377 begonnen und bis 2013 hat es sich leider nicht geändert. Auch wenn "Made in Italy" draufsteht, kann es sein, dass Chinesen in Prato sterben, weil sie dort zu denselben Produktionsbedingungen wie in China arbeiten.

Am Anfang von Designermode steht die miserabel bezahlte Arbeiterin. Hat das Kolonialdenken nie aufgehört?

DOUJAK: Je billiger ein Kleidungsstück ist, desto mehr Leute zahlen dafür, zum Teil mit dem Leben. Ein T-Shirt um 10 Euro - das kann sich nie ausgehen. Massenware ist das größere Problem. Inzwischen sind genug Labels angeprangert worden.

Plagt Sie ein schlechtes Gewissen, wenn Sie sich einmal ein teures Stück leisten?

DOUJAK: Ich bin zwar katholisch erzogen worden, habe aber nie ein schlechtes Gewissen. Ich mag ja Mode, sehr sogar. Was mich mehr interessiert: Stoffe waren global und haben Geschichten erzählt, lange bevor dieses Wort "Mode" erfunden worden ist. Außerdem: Alles, was gut gemacht ist, hat seinen Preis. Ich kaufe viel auf dem Flohmarkt oder Secondhand, und aus Prinzip nie bei Ketten.

Was wünschen Sie sich von den Besuchern in Ihrer Boutique?

DOUJAK: Fröhliche Neugier, das ist mir immer das Liebste.