Während das steirische Ausseerland atemlos auf die Ankunft des "Bond"-Darstellers Daniel Craig samt Team wartete, zeigte der ORF am Sonntagabend das Pendant zum Hollywood-007. "Bibi und Moritz Bond". Sozusagen ein Agentenkrimi für Arme. Mit den taumelnden, stolpernden Austro-Ermittlern Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer).
Zwei gegen das Böse
Wie immer beim Wiener Tatort kämpfen der Chefinspektor und die Majorin auch im neuen Fall "Deckname Kidon" (Regie Thomas Roth) mindestens gegen den Rest der Welt. Zwei gegen das Böse. Dieses Mal müssen sie den Tod eines iranischen Nuklearforschers aufklären, der plötzlich aus dem obersten Stockwerk eines Wiener Nobelhotels plumpst.
Sie ermitteln gegen das iranische Atomprogramm, gegen eine Spezialeinheit des israelischen Geheimdienstes Mossad ("Kidon", das steht für Bajonett), gegen eine österreichische Rüstungsfirma - und gegen die Korruption im eigenen Land; festgemacht am schmierigen Lobbyisten und Landwirt Graf Johannes Leopold Trachtenfels-Lissé (großartig in aller Arroganz gemimt von Udo Samel), den Freunde Jolly nennen dürfen und der von sich sagt: "Im Grunde meines Herzens bin ich Landwirt." Und: "Ich bring ja nur die Leit zamm!" Schönstes Zitat: Als die Inspektoren vor dessen Landsitz im niederösterreichischen Niemandsland stehen und Bibi "Mein lieber Jolly!" ausruft.
"Das ist wirklich alles so"
Was den Zusehern in Deutschland und der Schweiz vielleicht vor Klischees triefend vorkommt, hat, das weiß der gelernte Österreicher, einen zutiefst realen Hintergrund. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter fiel schnell ein Name: Mensdorff-Pouilly. "Bei Anmaßung kenn ich mich aus, das könnens mir glauben" - Mensdorff-Pouilly-Nachahmer beim "Tatort" war auf Twitter zu lesen. Ebenso: "Liebe deutsche Zuschauer, dass ist wirklich alles sehr glaubwürdig. Auch wenn ihr es vielleicht nicht glaubt."
Wie der Korruptionsmief sich bis in die höchsten Politkreise und niedrigsten Verkehrspolizei-Kreise von Krems zieht und man sich um eine "österreichische Lösung bemüht", führt die Episode grantelnt schonungslos vor. Das gefiel. Schwächen im Drehbuch sowie private Verzettelungen in die Krankheitsgeschichte von Eisners Tochter Claudia verzeiht man Moritz und Bibi allemal. Dass jeder "Tatort", wir befinden uns ja schließlich alle im digitalen Zeitalter, zwanghaft auf Abhörung, Trojaner und Hacking setzt, wirkt ein bisserl übertrieben.
"Sie haben kein Geld!"
"Mein Vetrauen in die Behörde ist ungebrochen", ahmt Eisner den Grafen nach, der nach einer Nacht in U-Haft bei der Entlassung noch schnell eine Pressekonferenz abhält. Des Jollys letztes arrogantes Schlusstatement sitzt: "Herr Eisner! Sie können nicht gewinnen. Wir haben das Geld. Wir haben die Beziehungen. Und wir scheißen uns nichts. Und Sie? Sie haben kein Geld, keine Beziehungen und müssen sich an Regeln halten. Kann nie gut gehen!"
Dass "Bibi und Moritz Bond" am Ende den Fall nicht lösen, sondern ausgerechnet vom Mossad unterstützt werden, muss man nicht glauben. Mögen kann man die Schlusszene mit dem Taxifahrer. Weil sein Auto vom Sturz des Iraners demoliert war, ist er auf Voll-Hybrid umgestiegen. Fazit: Trotz einiger unglaubwürdiger dramaturgischer Schwächen - starke Szenen, starkes Ende, mutige Haltung.