Das neue "Tatort"-Jahr startet wunderbar wahnwitzig – zumindest in der ARD um 20.15 Uhr. Denn im ORF schippert am 1. Jänner traditionell das "Traumschiff" durch das Hauptabendprogramm. In ihrem zweiten Fall "Der Irre Iwan" setzt das Ermittlerpärchen Kira Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) den Kurs für die Neuausrichtung des Krimiklassikers konsequent und schön schräg fort.

Worum geht’s?

Bei einem Überfall auf die Stadtkämmerei (eine deutsche regionale Finanzbehörde) stirbt eine Sekretärin bei Schüssen durch die Decke. Ein Ex-Häftling spitznamens Kongo, der bei einem Geisterbahnunternehmen aushilft, rast Minuten später mit einer Beute von 112.000 Euro durch Weimar. Der Stadtkämmerer verhält sich sonderbar, seine Gattin noch viel mehr. Und Kongos Ex-Zellen-Genosse ist ziemlich verwundert.

Dorn und Lessing wundert eigentlich nichts mehr. Und erst die Zuseher! Schlag auf Schlag und Pointe auf Pointe dringen die Neo-Kommissare, manchmal mit ihrem Baby, manchmal im Beisein ihrer Kollegen, manchmal alleine in ein komisch kapriziöses Familienkonstrukt vor. Wer hat hier ein Doppelleben – der Stadtkämmerer, sein Zwillingsbruder oder eine der Gemahlinnen? Zu wem gehören die zahlreichen Affären, Frauen und Geliebten? 90 Minuten voll Screwball-Comedy-Charme führen die fokussierte, direkte Dorn und den seelenruhigen, zitierfreudigen Lessing in ein rockerhaftes Tattoostudio, einen Rummelplatz, ein Labyrinth oder einen FKK-Klub.

Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) auf dem Jahrmarkt
Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) auf dem Jahrmarkt © MDR/Wiedemann


Was schon "Die Fette Hoppe" versprach, gilt auch für „Der Irre Iwan“: Das chronisch witzige Münster-Team hat in der Kategorie Kriminalkomödie einen ernsthaften, feinsinnigen Konkurrenten aus Weimar bekommen. Inklusive lustvollen Beziehungsspiels, großartigen Nebendarstellern (Sophie Rois, Therese Hämer oder Pit Bukowski) und einer pointierten Regie von Richard Huber.

JULIA SCHAFFERHOFER