Die ungleichen Freunde Ernie und Bert, der schusselige Grobi, Kermit der Frosch und das immer hungrige Krümelmonster - Millionen von Kindern rund um die Welt sind mit den Figuren aus der "Sesamstraße" aufgewachsen.
Erfolgreiches Vorschulprogramm
Inzwischen ist das Vorschulprogramm, das spielerisch Wissen vermitteln will, in mehr als 120 Ländern zu sehen - von Australien bis Bangladesch. Rund zwei Dutzend Länder produzieren eigene Versionen, die auf die besonderen kulturellen Erfahrungen ihrer Kinder zugeschnitten sind. Deutschland brachte 1973 die weltweit erste Koproduktion heraus.
In der israelischen Show "Rechow Sumsum" etwa werben die Puppen Mahmud und Noah für Verständigung zwischen Arabern und Juden. Und in der südafrikanischen Variante "Takalani Sesame" gibt es seit 2002 die HIV-positive Figur Kami, die gegen die im Land weit verbreitete Diskriminierung von Aidskranken mobil macht.
Die Grundidee zu der Sendung entstand aus einer traurigen Beobachtung: Die TV-Journalistin Joan Ganz Cooney und ihr Kollege Lloyd Morrison stellten Mitte der 60er Jahre fest, dass amerikanische Kinder zwar bis zu 50 Stunden pro Woche vor dem Fernseher saßen, aber außer geistlosen Zeichentrickserien wenig geboten bekamen.
Mit dem neu gegründeten, gemeinnützigen "Children's Television Workshop" entwickelten die beiden ein für die damalige Zeit revolutionäres Konzept, das die Fernsehbegeisterung für vergnügliches Lernen nutzen sollte. In Jim Henson, dem 1990 gestorbenen Vater der Muppets, fanden sie einen idealen Partner: Seine Puppen waren perfekte Interpreten von Liedern über wichtige Fragen wie etwa: "Welche Zahl kommt nach der zwei?"
Bildungschancen für alle
Ziel der Macher war es vor allem, Kindern aus sozial schwachen und benachteiligten Familien gleiche Bildungschancen zu bieten. Inzwischen hat die Sendung 122 Emmys eingeheimst - den höchsten US- Fernsehpreis. Zum 40. Geburtstag würdigte die amerikanische Fernsehakademie die "Sesamstraße" im August für ihr Lebenswerk als "höchstgeschätzte TV-Bildungsshow für Kinder".
Und auch US-Präsident Barack Obama outete sich bei einer Jubiläumsgala in New York als langjähriger Fan. "Die Welt ist ein besserer Platz wegen der Welt, die Sie mit der 'Sesamstraße' schaffen - einer Welt, die die Köpfe und Herzen unserer Kinder jeden Tag bereichert", sagte er in einer Videobotschaft.
Im ORF wurde die "Sesamstraße" nie gezeigt, allerdings kam sie ab 1972 über die deutschen Kanäle auf die Bildschirme, zunächst in der synchronisierten US-Version. Am 8. Jänner 1973 startete dann die vom Norddeutschen Rundfunk verantwortete deutsche "Sesamstraße", eine Mischung aus neu gedrehten und amerikanischen Szenen. Die Einführung von deutschen Charakteren wie Samson und Tiffy, Schnecke Finchen und Griesgram Rumpel sowie die Auftritte von Schauspielern wie Henning Venske, Liselotte Pulver, Manfred Krug und Hildegard Krekel machten die Sendung nach und nach immer beliebter. Das von dem Jazzmusiker Ingfried Hoffmann eigens komponierte Eingangslied ist seither ein Klassiker der Kinderzimmer: "Der die das, wer wie was, wieso weshalb warum - wer nicht fragt bleibt dumm." Neu produzierte Folgen sind heute bei ARD und im Kinderkanal zu sehen.
Nur eines haben die Macher weder hierzulande noch andernorts wirklich geschafft: die "Sesamstraße" zu einem Förderinstrument für sozial benachteiligte Kinder zu machen. Studien zeigen, dass die Sendung vor allem in Familien mit ohnedies hohem Bildungsniveau gesehen wird. "Das Experiment, das wir vor vier Jahrzehnten begonnen haben, ist noch nicht zu Ende", sagt Sesame-Workshop-Präsident Gary Knell deshalb. "Wir fühlen uns weiter herausgefordert, innovative Wege zu finden, um Türen zu öffnen und Mauern einzureißen."