Bei 'Weisheit' zum Beispiel dehnt er die erste Silbe ganz lang, fast singt er ein bisschen. Bei 'Gelassenheit' überschlägt er sich dann regelrecht. Irgendwie ist es, als höre man einem Hörbuch zu, wenn der Schauspieler mit der markanten Stimme aus seinem Leben erzählt. Am 26. August wird Fricke 70 Jahre alt. Sein Gesicht kennen die meisten aus Krimiserien wie "Der Kommissar", "Derrick" oder "Der Alte". Dass er eigentlich vom klassischen Theater kommt, ist den Fernsehzuschauern weniger bekannt.

"Dieser kalkulierende, kalte Mordbube", so beschreibt Fricke selber seine typischen Krimi-Rollen, mit denen er von den 70er Jahren an auf dem Bildschirm bekanntwurde. Es hat ihm Spaß gemacht, weil diese Rollen so anders waren als er selbst. "Ich bin eigentlich genau das Gegenteil von diesem Typ. Ich finde ihn auch eher unerfreulich."

Irgendwann, Anfang der 90er Jahre, verlor er die Lust am Fernsehen, wandte sich wieder mehr dem Hörbuch zu und dem Theater. Dort hatte auch alles angefangen. Als Kind wurde er entdeckt, als er in einem Hörspiel den "Kleinen Prinzen" sprach. Später wurde er Theaterschauspieler. Derzeit steht er in Düsseldorf auf der Bühne. Seit vielen Jahren lebt der gebürtige Berliner in München.

Nostalgie

Vieles im Leben findet er heute besser als früher, sagt er, aber dem alten Fernsehen, dem trauert er doch ein wenig hinterher. "Bei Serien wie dem 'Kommissar' wurde den Schauspielern noch Zeit gelassen", sagt er. Heute hätten sie kaum Gelegenheit, ihre Mimik zu ändern in einer Szene. "Die schneiden heute wie die Verrückten." Und ihn nervt auch die Übertreibung. "Diese Gigantomanie: Die drei Tenöre. Vor dem Eiffelturm. Mit einem Feuerwerk. Und dann noch eine Rockgruppe."

Eine Folge von alledem: "Fernsehen ist weniger reflektiert geworden." Am Anfang seiner Karriere, da sei er in den Fernsehspielen noch live aufgetreten, wie am Theater. "Auch jahrzehntelang danach war es noch möglich, mit reflektierten Stoffen Fernsehen zu machen."

Ein bisschen mehr Ruhe würde nicht nur dem Fernsehen, sondern vor allem den Menschen insgesamt gut tun, findet Fricke. Das hat er mit dem Alter gelernt. "Ich will ein bisschen weise sein. Weisheit ist Gelassenheit. Reflexion ist das, was der Gesellschaft am meisten fehlt. Wenn man bewusst sein Leben genießt, dann führt alleine die Erfahrung damit und die Reflexion darüber zu einem Quantum Weisheit." Eine seiner wichtigsten Erkenntnisse: "Man soll den Jahren Leben geben und nicht dem Leben Jahre."

Die Menschen haben dank technischer Errungenschaften wie der Waschmaschine immer mehr Zeit gewonnen, findet er. "Trotzdem wird alles immer schneller, immer rasender. Zu Reflexion, die auch zur Selbsterkenntnis führt, wird diese dazugewonnene Zeit nicht genutzt."

Auch er selber hat sich in jüngeren Jahren oft zu sehr stressen lassen, denkt er heute. Zu oft hat er geplante Treffen oder Telefonate mit Freunden verschoben. Jetzt bereut er das, denn plötzlich waren diese Freunde nicht mehr da. "Ich würde Freunden heute mehr Aufmerksamkeit schenken. Der Tod geht immer zwei Schritte hinter dir und mir - nutze den Vorsprung."

Seinen Geburtstag will er deshalb ganz entspannt feiern. 2005 hat er seine langjährige Lebensgefährtin, die Schauspielerin Patrizia Orlando, in Venedig geheiratet. Dorthin fährt er nun auch zum Feiern mit ein paar Freunden, ganz gelassen. Einen letzten Tipp hat er noch: "Man sollte sich nicht von der Informationsflut heute überrollen lassen. Das zerstört die Ausstrahlung."