Am Donnerstagabend wird es ernst für Österreichs Stimmwunder Nadine Beiler, die beim zweiten Halbfinale des Eurovision Song Contests in Düsseldorf ihr Ticket für das Finale am 14. Mai lösen will. Mit ihrer Ballade "The Secret is Love" muss sich Nadine mit der undankbar frühen Startnummer 2 gegen 18 andere Nationen durchsetzen - genauer gesagt gegen neun andere Nationen, zumal die besten Zehn der morgigen Show in die Endrunde einziehen. Die Auftritte für das Votum der Fachjurys, die 50 Prozent zum morgigen Endergebnis beitragen, finden bereits heute, Mittwoch, vor leerer Halle statt. Ein Blick auf den Verlauf des Abends.

Auf Startnummer 1 tritt für Bosnien-Herzegowina mit "Love in Rewind" nach 1999 zum zweiten Mal Altmeister Dino Merlin an, mit 48 Jahren bereits ein Song-Contest-Senior. Seine moderat schnelle Nummer spielt mit leichten Balkanzitaten und setzt bei der Performance auf stampfende Beinarbeit und Zirkuselemente. Dann folgt bereits Nadine Beiler im strasssteinbesetzten Kleinen Schwarzen, die ungeachtet allen Kristallzaubers primär auf ihre markante Stimme setzen wird.

Nach Österreich folgen auf Platz 3 die Niederlande mit Damenherz-Gitarrenrock der Männerformation 3JS. Mit "Never Alone" werden sie, wie viele Kombattanten, auf Englisch singen - ungeachtet ihres Rufs als Könige des niederländischen Pops. Mit der sechsköpfigen A-Capella-Formation Witloof Bay und "With Love Baby" tritt Belgien in den Ring. Im Retro-Outfit und mit Geräuschimitationen zwischen Trompeten, Flatulenzen und Hip-Hop setzt man auf Eigenständigkeit im Song-Contest-Betrieb.

Hubba Bubba und nackte Oberkörper

Wie Österreich auf die große Damenballade setzt die Slowakei mit dem flotten Titel "I am Still Alive". Allerdings wartet das Nachbarland gleich mit zwei Sängerinnen auf, die sich als Zwillinge den pragmatischen Bandnamen TWiiNS gegeben haben und mit semipornografischer Bühnengestik punkten wollen. Auf große Stimme, große Augen und ein Federkleid setzt die Ukraine mit Mika Newton im Christina-Aguilera-Look und dem Titel "Angel" auf Platz 6. Die Königin des Soundtracks, die in vielen Filmen gesungen hat, ist in ihrer Heimat nicht zuletzt durch ihren Werbeclip für die Kaugummimarke Hubba-Bubba bekannt. Ganz anders gelagert zeigt sich Moldawien mit den harten Kerlen Zdob si Zdub, die als die Alkbottles des kleinen Landes mit "So Lucky" eine Mischung aus gegröltem Rock und Klarinetten-Einsprengseln mit Augenzwinkern und nackten Oberkörpern zum Besten geben.

Alles andere als den harten Kerl kehrt hingegen Schweden mit Eric Saade heraus. Der einstige Disney-Kanal-Moderator, ebenso dünn wie seine Stimme, tritt mit "Popular" als Mädchenschwarm an. Einen bombastischen Namen und ebenfalls bubenhaften Charme, wenn auch mediterran-machoisiert, weist Christos Mylordou aus Zypern auf. Sein auf Griechisch gesungenes und ebenso instrumentiertes "San Aggelos S'Agapisa" dürfte zumindest beim Mutterland wieder 12 Punkte holen.

Auf österreichische Konkurrenz trifft Beiler beim bulgarischen Beitrag der frechen Popröhre Poli Genova und ihrem bulgarisch gesungenen "Na Inat" (Zum Trotz). Hinter der Künstlerin steht das heimische Komponistenteam Symphonics Entertainment. Bei Mazedoniens Vlatko Ilievski, mit "Rusinka" und der Startnummer 11, rockt hingegen wieder der Balkan, zumal die Stimme des 25-jährigen Sängers ungeachtet der Erscheinung eines Beaus die Reibeisenqualität von 25 Jahren Zigarettenkonsum aufweist.

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Nicht nur Deutschland schickt mit Lena Meyer-Landrut eine Song-Contest-Gewinnerin zum zweiten Mal ins Rennen, auch für Israel läuft die Transsexuelle Dana International erneut auf. Sie gewann 1998 mit "Diva" für ihr Heimatland und tritt nun mit dem selbstkomponierten "Ding Dong" an. Für Slowenien geht danach die 19-jährige Maja Keuc mit "No One" an den Start. Ungeachtet graziler Erscheinung setzt die Sängerin auf kräftige Stimme und ein leichtes Anastacia-Bitch-Outfit.

Ein klassischer Popsong mit Klavier und Schlagzeug soll Rumäniens Beitrag "Change" der Formation Hotel FM zum Sieg führen. Auch Estlands Beitrag "Rockefeller Street" ist in Englisch gehalten. Die erst 18-jährige Getter Jaani stammt aus einer Familie von Choreographen und präsentiert ihre Marschrhythmus-getriebene Nummer härterer Gangart entsprechend bewegt.

Besonders lokalpatriotisch zeigt sich Anastasiya Vinnikova aus Weißrussland auf Platz 16. Mit ihrer Mitgrölnummer "I Love Belarus" preist sie beim Song Contest ihre Heimat - nachdem Text und Titel der Ursprungsversion "Born in Byelorussia" samt verklärter Erinnerungen an die UdSSR kurzfristig geändert wurden. Außer der Flagge hat der lettische Beitrag mit der Startnummer 17 heuer keine Ähnlichkeit mit dem österreichischen. Musiqq besingt zwar wie viele Kollegen in "Angel in Disguise" Engel, dies aber mit zwei kräftigen Männerstimmen und einer Mischung aus R'n'B, Soul und Hip-Hop.

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Knuddelig harmlos kommt heuer Dänemark daher. Die Boygroup A Friend in London besingt in "New Tomorrow" auf Englisch und mit New-Kids-on-the-Block-Styling Buben und Mädchen als die Erbauer der Zukunft. Damit zählen die Dänen allerdings zu den Favoriten. Spaciger geht es in Irlands Nummer zu, das wie die Slowakei auf Zwillinge setzt. Die schrägen, eineiigen Gebrüder Jedward zeigen sich bei ihrer flotten, einprägsamen Disconummer "Lipstick" mit noch höheren Haartürmen als die Kollegen aus Dänemark. Bei den Buchmachern oder Analyseinstrumenten wie Google-Eurovision gelten die beiden Sänger als die Topfavoriten für das Finale.