So viel Beifall für die Uraufführung einer Komposition der Gegenwart ist erstaunlich. Sie war das Ungewöhnlichste beim Abschlusskonzert der Wörthersee Classics. Geschaffen hat sie der aus Linz stammende Komponist Alfred Huber (Jahrgang 1962), der im Allgäu den Beruf eines Neurochirurgen ausübt. Aus der Taufe gehoben hat das kluge wie eingängige Violinkonzert "Enigma" Festival-Intendantin Elena Denisova. Wie der Titel andeutet, geht es dabei wohl um Rätselhaftes, was, wie der Komponist in einführenden Worten erklärte, auch mit Freiheit zu tun hat. Hubers Appell zur Uraufführung seines rund 12-minütigen Stückes: "Gehen Sie sorgsam um mit unserer Mikrofreiheit!"
Was auch geschah, denn Denisova konnte mit Dynamik und sensibler Phrasierung im Zusammenspiel mit dem Wiener Concert-Verein Räume von heiterer Selbstbestimmung öffnen. Beginnend mit einem lockeren Gewitter zwischen Soloinstrument, Schlagzeug und Horn, das sich Zug um Zug mit den einzelnen Instrumentengruppen verdichtet. Der Ansatz, "Tonhöhenreihen herzustellen" und diese in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen, kam an. Denn die musikantische Aufbereitung schuf eine beschwingte Atmosphäre mit anmutigen Linien und Flächen. Der von der Percussion eingeforderte Rhythmus schuf Umrisse einer Grundgestalt, innerhalb derer sich melodische Sequenzen formierten. Der ruhige und langsamere 2. Satz lud zu meditativer Schau ein und der beschwingte letzte Satz, mit lyrischem Solo, überzeugte vollends. Großer Applaus, der eine Zugabe Denisovas zur Folge hatte.
Den Abend eröffnete ein "Langsamer Satz für Streichquartett" (1905) von Anton von Webern. Das romantisch-expressive Jugendwerk wurde unter Alexei Kornienko am Pult konzentriert und transparent modelliert. Am Schluss kam Antonín Dvo?áks "Serenade für Streichorchester in E-Dur, op. 22" hingegen nicht recht in die Gänge. Ungenauigkeiten, verschleppte Tempi und kein Feuer. Die "Pizzicato Polka" als Zugabe hob die Stimmung am Ende.
WILLI RAINER