A n Allerheiligen und Allerseelen begleitet uns Trauermusik. Hören Sie sich Trauermärsche und Totenlieder das ganze Jahr über an?
FRITZ OSTERMAYER: Der Trauermarsch gehört den Gebliebenen. Abseits von Begräbnissen muss es einem sehr gut gehen, um sich das anzuhören. Ich liebe Moll, ich höre Trauermusik ganzjährig. Wie der Verkauf meiner Kompilationen zu Trauermärschen und Totenliedern gezeigt hat, bin ich nicht alleine mit dieser Neigung.
Woher kommt eigentlich Ihre Neigung zu Trauermusik?
OSTERMAYER: Ich bin am burgenländischen Land aufgewachsen, wo nebenan jeden Freitag die Blasmusikkapelle geprobt hat - entweder für eine Hochzeit oder eben ein Begräbnis. Schon als Sechsjähriger hat mir die Melancholie von Moll besser gefallen. Und wenn Trauermärsche von Laien gespielt werden, dann schleicht sich meist ja auch der eine oder andere falsche Ton ein: das hat was! Insbesondere bei Klarinetten kann das dann sehr mitreißend wirken.
Sie sollen sich später auch oft zur Recherche auf Friedhöfen herumgetrieben haben.
OSTERMAYER: Als ich nach Wien gekommen bin, habe ich mich oft zu Begräbnissen am Zentralfriedhof geschlichen, um heimlich die Trauermusik mit dem Kassettenrekorder aufzunehmen.
Praktizieren Sie das noch immer?
OSTERMAYER: Nein, irgendwann war das vorbei. Und irgendwann hat meine Frau auch gemeint, es reiche jetzt. Ich habe ja sogar meine Urlaube nach jenen Ländern und Orten geplant, in denen besonders tolle Trauermusik zu hören ist: New Orleans oder Sizilien. In Palermo erlebt man eine fantastische Trauerkultur.
Ihre beiden "Dead and Gone"-Kompilationen sind 1997 erschienen und Kult, war jemals eine Fortsetzung geplant?
OSTERMAYER: Das Label wollte immer eines, aber ich nicht. Meine Sammlung enthält mehr als 2500 Lieder, die besten suche ich für mich aus und manchmal spiele ich auch welche in meiner Radiosendung "Im Sumpf".
Welche Trauerlieder können Sie empfehlen?
OSTERMAYER: Einer meiner Favoriten ist "The Old Rugged Cross" der Treme Brass Band. Es klingt, als wäre eine Puffmutter gestorben. Ich finde das einfach sexy. Es vereint Eros und Thanatos.
Noch ein Tipp bitte?
OSTERMAYER: Generell empfehle ich alles aus Mexiko. Einer Kultur, in der trotz vieler Drogentoter der Umgang mit dem Tod unglaublich befreit ist. Es gibt das berühmte Lied "La Borde Negro" in dem ein Nekrophiler seine geliebte Verstorbene ausbuddelt, um mit ihr Sex zu haben.
Wie groß muss der Hang zum Morbiden sein, um so etwas humorvoll zu finden?
OSTERMAYER: Ja, der Hang ist bei mir ausgeprägt. Es kommt mir aber eher so vor, als wäre es eine Liebe zum schwarzen Humor, die aber nicht manisch depressiver ausgeprägt ist als bei allen anderen Burgenländern auch.
Was könnte sich Österreich in puncto Trauerkultur von anderswo abschauen?
OSTERMAYER: Mir scheint, dass hierzulande die Idee des Leichenschmauses abhandenzukommen droht. Bei uns sind Begräbnisse so wahnsinnig förmlich. In Serbien zum Beispiel feiert man tagelang. Ich finde, ein Tod muss orgastisch gefeiert werden: mit einem ordentlichen Rausch. INTERVIEW: JULIA SCHAFFERHOFER