W as darf man unter den kolportierten "geheimnisvollen Umständen" verstehen, unter denen Ihr Adoptivenkel Ignaz in Ihr Haus gelangte?

ERIKA PLUHAR: Am besten, wir lassen es so stehen - als "geheimnisvoll".

Wie kam es jetzt zu diesem Film?

PLUHAR: Das war ein Prozess, der sich über Jahre zog. Ignaz hatte an der Wiener Filmschauspieler Academy studiert, und ich wunderte mich immer, dass er gar nicht heiß darauf war, mehr über seine Herkunft zu erfahren. Eines Tages fragte ich ihn: "Wollen wir nicht gemeinsam in die Sahara fahren, so lange ich nicht zu alt dafür bin?" Er antwortete überraschend: "Ja, gern!" Dann hat sich auch noch der wunderbare Kameramann Karl Kofler dazugesellt. Ein Mann, der in der Lage ist, mit seiner Bildersprache auch auf Situationen einzugehen, die nicht vorherzusehen sind.

Letztendlich wurde es wohl ein Film für Ihre 1999 so früh verstorbene Tochter Anna?

PLUHAR: Ja. Bereits bevor wir aufbrachen, war uns klar, dass Anna, die die Wüste und die Menschen dort über alles liebte, irgendwie immer mit uns sein würde. Dieser Film entstand ganz sicher auch für sie.

Wie lange waren Sie unterwegs?

PLUHAR: Nicht lang, nur zehn Tage. Dann habe ich für das Material bei mir zu Hause einen Schneideraum eingerichtet.

Was hat Sie, rückblickend, am meisten bewegt?

PLUHAR: Die Zeltstädte der Flüchtlinge tragen die Namen der großen Städte ihrer Heimat. Der Bürgermeister von Smara hat uns eingeladen. Dort saßen viele Frauen, singend und mit Kindern im Schoß, und wir wurden herzlich empfangen. Der Bürgermeister hatte Anna sehr gut gekannt, und als er darüber sprach, bin ich in Tränen ausgebrochen. Dieser Moment ist im Film festgehalten.

Andere spezielle Eindrücke?

PLUHAR: Eines Morgens bin ich aufgewacht, auf einmal habe ich gemerkt: Irgendwas zwischen den Zähnen knirscht so komisch. Nachts hatte es einen Sandsturm gegeben, von dem ich gar nichts gemerkt hatte, ich war von einer Sandschicht bedeckt. Dennoch: Die Wüste ist für mich das große Erlebnis, sie hat auf mich die gleiche faszinierende Wirkung wie das Meer.

Darf man sagen, dass dieser Film für Sie vielleicht auch eine Art Therapie war?

PLUHAR: Ich mag etwas, das man beruflich tut, nicht als Therapie bezeichnen. Ganz sicher aber ist das ein sehr persönlicher Film. Wenn man über etwas, was mit dem eigenen Leben verbunden ist, eine Dokumentation dreht, dann ist das sicher wahrnehmbar. Für Ignaz war es auf jeden Fall mehr als ein Film. Er ist zwar als Wiener erzogen worden, doch er hat plötzlich gemerkt, wie er seine Herkunft in sich trägt, wie sehr er mit ihr verbunden ist.

Er hat auch gleich mit dem schönsten Mädchen der ganzen Umgebung angebandelt?

PLUHAR: Ja, und dieses "schönste Mädel" lebt jetzt hier. . .

Viele vermissen die Bühnenschauspielerin Erika Pluhar. Warum machen Sie sich so rar?

PLUHAR: Ich hab' das eh schon in einem Interview mit Roger Willemsen gesagt: Weil ich keine Rollen mehr spielen will. Aber die Profession trage ich so und so in mir. Ob ich nun aus meinen Büchern lese oder singe. Ich mag in keine Rolle mehr schlüpfen, außer, sie hat sehr wesentlich mit mir zu tun. Und ich würde mich nicht gern den Wünschen mancher Regisseure beugen müssen.

Was darf man von Ihnen in nächster Zeit erwarten?

PLUHAR: Ich bin inzwischen als Schriftstellerin ja recht erfolgreich. Ich werde weiter schreiben. Und weiter singen. INTERVIEW: LUIGI HEINRICH