Eine Reihe italienischer Künstler und Showbiz-Stars verlässt die Online-Plattform X aus Protest gegen seinen Eigentümer, den US-Tech-Milliardär Elon Musk. Komponisten wie Nicola Piovani, Sänger wie Francesco Guccini und Piero Pelù, sowie der sozialdemokratische Europaabgeordnete Sandro Ruotolo haben X dieser Tage den Rücken gekehrt.
Gefährliche und neoimperialistische Äußerungen von Musk
„Elon Musk ist eine Gefahr für die Demokratie und die Freiheit. Angesichts der extrem gefährlichen, neoimperialistischen Äußerungen Musks habe ich beschlossen, mein Profil auf X zu schließen“, kündigte Pelù, Frontman der italienischen Rockband Litfiba an. „Viele sagen mir, dass ich verrückt bin, diese Entscheidung zu treffen, aber ich glaube, dass es heute von grundlegender Bedeutung ist, klare Zeichen des zivilen Widerstands zu setzen“, sagte der Sänger.
„Es ist an der Zeit zu gehen“, kommentierte der bekannte römische Filmmusik-Komponist Nicola Piovani. Ähnlich sieht die Lage der EU-Parlamentarier Ruotolo. „Ich habe beschlossen, X zu verlassen, und ich tue es widerwillig. Es tut mir vor allem für die mehr als 70.000 Menschen leid, die mir früher gefolgt sind, aber die jüngste Haltung von Herrn Musk gegenüber den italienischen Richtern (...) hindert mich daran, weiterhin auf X präsent zu sein“, betonte Ruotolo.
Auch der Doyen der italienischen Liedermacher, Francesco Guccini, will von X (vormals Twitter) nichts mehr wissen. „Musk hat Ideen, die Lichtjahre von meinen entfernt sind. Ich habe kein Interesse daran, auf einer Plattform zu kommunizieren, die dazu beiträgt, politische Gedanken zu manipulieren. Ich glaube, dass mich niemand auf X vermissen wird“, so Guccini.
Musk, der unter der künftigen US-Administration unter Präsident Donald Trump für effizientes Regieren zuständig sein soll, hatte sich am 12. November in einen Streit zwischen der italienischen Justiz und der rechten Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni eingebracht, die mit dem reichsten Mann der Welt gut befreundet ist. „Diese Richter müssen weg“, schrieb Musk auf X zu den richterlich vorläufig untersagten Plänen der Regierung unter Meloni, Mittelmeer-Migranten in das Nicht-EU-Land Albanien zu bringen, um dort ihre Asylverfahren abzuwickeln.
Prompt kam die Reaktion von Italiens Staatschef Sergio Mattarella. „Italien ist ein großartiges, demokratisches Land und kann auf sich selbst aufpassen“, schrieb Mattarella am 13. November. Wer – wie Musk – eine „wichtige Regierungsfunktion“ in einem befreundeten und verbündeten Staat übernehmen solle, „muss dessen Souveränität respektieren und kann es sich nicht zur Aufgabe machen, ihm Anweisungen zu erteilen“.
Auch der britische „Guardian“ verlässt X
Auch die britische Zeitung „The Guardian“ postet wegen der Rolle von X-Eigentümer Elon Musk künftig nicht mehr auf der Online-Plattform. „Der US-Präsidentschaftswahlkampf hat nur unterstrichen, was wir schon lange denken: Dass X eine toxische Medienplattform ist und dass ihr Eigentümer, Elon Musk, ihren Einfluss nutzen konnte, um den politischen Diskurs zu beeinflussen“, teilte die Redaktion mit.
Das Portal bewerbe zudem „oft verstörende Inhalte“ wie rechtsextreme Verschwörungstheorien und Rassismus, hieß es weiter. Zuvor gesperrte Nutzerkonten von bekannten Rechtsextremen, Frauenhassern und Verschwörungstheoretikern seien unter Musk wieder freigegeben worden. Die Zeitung verwies auch auf Kritik der EU an den inhaltlichen Standards auf X seit der Übernahme durch den Tech-Milliardär.
„Toxische und irreführende Inhalte“ auf X
Wegen der massenhaften Verbreitung von Hetzbotschaften, Verschwörungstheorien und Falschinformationen auf X hat nach dem britischen „Guardian“ auch die renommierte spanische Zeitung „La Vanguardia“ ihren Rückzug von der Plattform des US-Multimilliardärs Elon Musk bekanntgegeben. Die Zeitung erklärte am Donnerstag, sie werde ihre Inhalte nicht mehr auf X veröffentlichen. Die Plattform sei zu einer „Echokammer“ von „Verschwörungstheorien und Falschinformation“ geworden.
Seit ihrer Übernahme durch Musk habe sich die Plattform „in einer immer verstörenderen Weise mit toxischem und irreführendem Inhalt gefüllt“, kritisierte „La Vanguardia“. Die Zeitung aus Barcelona prangerte an, dass Angriffe auf die Menschenrechte „wie der Hass auf ethnische Minderheiten, Frauenfeindlichkeit und Rassismus“ zu den Inhalten mit breiter Resonanz auf X gehörten.
„La Vanguardia“ will nach eigenen Angaben ihre Konten auf der Plattform stilllegen, aber dortigen Konten anderer „Personen, Einrichtungen, Unternehmen und Institutionen“ weiter folgen, um ihre Leserschaft über Nachrichten und Debatten auf der Plattform auf dem Laufenden zu halten.
Musk soll in die Regierung von Trump kommen
Musk hatte sich im Wahlkampf auf die Seite von Donald Trump geschlagen und den schließlich siegreichen Republikaner mit Millionensummen, einer Flut von X-Beiträgen, einer umstrittenen Tombola und in Auftritten massiv unterstützt. Nach seinem Wahlsieg kündigte Trump an, dass Musk für seine Regierung eine Abteilung für Deregulierung und Bürokratieabbau leiten soll.
Musk hatte Twitter vor zwei Jahren gekauft. Seither werden Inhalte auf der in X umgetauften Plattform kaum noch gefiltert. Daher wird das Netzwerk verstärkt für die Verbreitung von Hassbotschaften und Propaganda genutzt.