Bei den Wiener Festwochen wurde die Opernperformance „Sancta“ der heimischen Performanceikone Florentina Holzinger begeistert gefeiert. In Stuttgart brachte die Arbeit nun aber zahlreiche Besucher an den Rand ihrer persönlichen Grenzen. Rund um die ersten beiden Vorstellungen habe sich der Besucherservice um 18 Menschen gekümmert, die zum Teil über Übelkeit geklagt hätten. In drei Fällen habe ein Arzt dazu geholt werden müssen, teilte die Stuttgarter Staatsoper mit.

Mit ihren Arbeiten, bei denen sie radikal und freizügig weibliche Körper in Szene setzt, schmerzhafte Stunts einbaut und auch vor Trash nicht zurückschreckt, sorgt Holzinger seit Jahren für Aufsehen in der Theaterwelt. In „Sancta“ bringt sie mit aufreizender Deutlichkeit lesbische Liebesszenen auf die Bühne, zieht christliche Rituale ins Lächerliche und prangert die sexuelle Unterdrückung der Frau an.

Grenzen ausloten und lustvoll überschreiten ist Aufgabe von Kunst

Spiritualität, Sexualität, aber auch Religionskritik und ein kritischer Blick auf religiöse und gesellschaftliche Gewalt stehen im Mittelpunkt der Aufführungen, informiert auch die Staatsoper. „Grenzen auszuloten und lustvoll zu überschreiten war von jeher eine zentrale Aufgabe der Kunst“, zitiert die Oper ihren Intendanten Viktor Schoner.

Das Haus warnt auf seiner Homepage aber auch ausdrücklich, die Aufführung der skandalumwitterten österreichischen Aktionskünstlerin zeige explizite sexuelle Handlungen sowie Darstellungen und Beschreibungen auch von sexueller Gewalt. Auch seien echtes Blut sowie Kunstblut, Piercingvorgänge und eine Verwundung zu sehen. Stroboskopeffekte, Lautstärke und Weihrauch würden ebenfalls eingesetzt.

Blut: „kein Fake, sondern echt“

Die Oper empfiehlt die Performance Zuschauern, die „wagemutig auf der Suche nach neuen Theatererfahrungen sind“, wie es auf der Homepage heißt. Allerdings sei Performancekunst neben dem Einsatz einiger Theatermittel eben „kein Fake, sondern echt“, sagte Ebling. Im Fall der in „Sancta“ gezeigten, auch sexuellen Gewalt warnt das Haus daher auch explizit vor Retraumatisierungen.

Nach Angaben von Opernsprecher Ebling soll mit Blick auf die noch geplanten fünf „Sancta“-Abende nichts geändert werden. Auch kämen Übelkeit und Ohnmacht immer wieder vor, sagte er. Die Premiere sei umjubelt gewesen. Er sei überzeugt, es seien im Wesentlichen Menschen in den Besucherreihen gewesen, „die wussten, auf was sie sich einlassen“.