Zwei Anker wirft „Once upon a Time in the Flames“. Zum einen ist es das herbst-Motto Horror Patriae, das in der Regie und Choreografie von Marta Navaridas mit lustvollem Leben erfüllt wird. Zum anderen ist es Igor Strawinskys „Feuervogel“, dessen Musik, Motive und Bilder eingewebt werden in diese Höhle im Schloßberg in die, wie passend, wiederum ein Höhlen-Bühnenbild mit tropfenden Stalaktiten und Stalagmiten eingezogen wurde.

Zur Orchestermusik werden Hand-Vogelsymbole durch den Raum geschickt und in ausgebeulten Kostümen in Ballettzitaten getanzt. In jedem der aufgegriffenen Bilder steckt ein mitunter latent subversives Element. Tradierte Muster und Erwartungen werden strapaziert, durch Lächerlichkeit, Frechheit, durch liederliche Präzision gebrochen. Zentrales Element des Widerstands ist mit der Strumpfhose ein weiblich konnotiertes Textil, das nicht nur über den Kopf gezogen wird.

Die Zäsur dauert und kommt in Form persönlicher Kindheitserinnerungen: über masochistische Tanzlehrer, enttäuschte Hoffnung, kuriose Tanzbewerbe und eine Liebe, für die man es in Kauf nahm, einen Bubennamen zu erhalten. Über allem diese Sehnsucht nach einer Freiheit, die jeden Winkel des Daseins erfüllt.

Strawinskys Entfesselung der Jungfrauen mündet hier auf dem Pfad der nackten Wahrheiten in die Ekstase. Anstelle des bösen Zauberers werden die sechs Tänzerinnen der herbst-Produktion - neben Navaridas sind das Veza Fernández, Stina Fors, Lau Lukkarila, Maja Osojnik und Denise Palmieri – der Konventionen und der Kleidung entbunden. Was für ein Finale. Daniel Hadler
Once upon a Time in the Flames. Dom im Berg, Graz. Heute, 19.30 Uhr. Ab 14. steirischerherbst.at