„Können fördern statt Staatskünstler subventionieren“: Unter diesem Titel stellt die FPÖ in ihrem Wahlprogramm zur Nationalratswahl am 29. September ihre Vorhaben zum Thema Kunst und Kultur vor. Demnach würden „woke Events“ wie der Song Contest oder die Wiener Festwochen „mit Zwangsabgaben finanziert“. Die FPÖ will die „Förderpolitik kritisch unter die Lupe“ nehmen. Scharfe Kritik dazu kam am Dienstag vom Team der für 2025 geplanten Inszenierung von Jelineks „Burgtheater“.

Der Intendant der Wiener Festwochen, Milo Rau, wird 2025 Elfriede Jelineks Stück „Burgtheater“ zur Aufführung bringen
Der Intendant der Wiener Festwochen, Milo Rau, wird 2025 Elfriede Jelineks Stück „Burgtheater“ zur Aufführung bringen © APA / Tobias Steinmaurer

Mavie Hörbiger, Birgit Minichmayr und Caroline Peters haben Petition unterschrieben

Der Aufruf, der auch im „Standard“ veröffentlicht wurde, ist von Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, den Schauspielerinnen Mavie Hörbiger, Birgit Minichmayr und Caroline Peters sowie Festwochen-Intendant Milo Rau und dem Dramaturgen Claus Philipp unterzeichnet. Hintergrund ist, dass Rau im Mai 2025 am Burgtheater Jelineks bisher für Österreich gesperrtes Stück „Burgtheater“ mit den genannten Schauspielerinnen als Koproduktion mit den Festwochen inszenieren wird. Das 1985 in Bonn uraufgeführte Stück beschreibt „die beschämende Rolle, die die Kultur- und insbesondere Theaterszene in Nationalsozialismus und Faschismus – vor und nach dem Krieg – spielte“, wie es in dem Brief heißt.

„Nicht noch einmal!“, so das künstlerische Team der Inszenierung, das den Blick auf Nachbarländer wie Ungarn und die Slowakei richtet, in denen die Regierungen „freiheitlichen Rechte, die Presse- und Kunstfreiheit nach und nach abschaffen“ würden. Als Beispiel nennt man die jüngst erfolgte Absetzung von Matej Drlička, dem Generaldirektor des Slowakischen Nationaltheaters, „von einer Ministerin, die den ‚Genderwahn‘ durch eine ‚nationale Kultur‘ ersetzen will“, wie es heißt. Gegen das Vorgehen hatten die Festwochen bereits in einer Petition an den slowakischen Premierminister Fico protestiert.

Der Verweis auf „woke Events“ und die Ankündigung einer Evaluierung der Förderpolitik sei „nur ein besonders absurder Punkt in einem Wahlprogramm, das unter dem auf Joseph Goebbels“ ‚Festung Europa‘ anspielenden Titel ‚Festung Österreich‘ die Umwandlung der Republik Österreich in eine Art Ständestaat 2.0 fordert mit autoritärer Regierung und radikal-nationalistischer ‚Österreich zuerst‘-Ideologie“, heißt es in dem Brief.

Birgit Minichmayr und ihre Schauspielkolleginnen unterzeichneten einen Gastkommentar im „Standard“

Restriktionen wie in der Slowakei könnten auch in Österreich kommen

Was in der Slowakei geschieht, könne „schon im Herbst zur Realität werden in Österreich“ werden, sollte die FPÖ an die Macht kommen, so die Unterzeichner. „Das auf kulturelle und ethnische Homogenität setzende Wahlprogramm lässt klassische Rechtsaußen-Parteien wie die deutsche AfD oder das französische Rassemblement National konservativ wirken“, kritisieren Rau und Co. „Beunruhigend“ sei auch „die Gleichgültigkeit, mit der die Kunst- und Kulturszene dazu schweigt – als würde der Wahnsinn des Wahlprogramms im Fall eines Siegs am 29. September nicht umgesetzt, als würde eine bereits sturmreif geschossene EU, die unter unseren Augen zerbröckelt, auch diese Attacke noch überleben“.

FPÖ fordert mehr Unterstützung der Volkskultur

In dem eine Seite umfassenden Kultur-Kapitel des Wahlprogramms hält die FPÖ darüber hinaus fest: „Unsere abendländische Kultur ist reichhaltig und vielfältig. Es gilt, die freie Weiterentwicklung unserer eigenen Kultur zu ermöglichen und unsere Muttersprache als wichtigstes kulturstiftendes Element zu schützen.“ Und weiter: „Künstler, die etwas können, sollen gefördert werden, nicht jedoch sogenannte Staatskünstler, die wenig mehr aufzuweisen haben als ‚die richtige Gesinnung‘“. Das Kulturbudget will die FPÖ „gerecht in allen Bereichen der österreichischen Kulturlandschaft“, verteilen und kritisiert, dass in den Bereich „Volkskultur gerade einmal 55.000 Euro fließen“. Daher fordert man eine sofortige Erhöhung der Mittel „zur Unterstützung heimischer Musikverbände, Chöre und Musikkapellen“.

Grüne sind für soziale Absicherung für Menschen im Kulturbetrieb

Während die Wahlprogramme von ÖVP und SPÖ noch nicht veröffentlicht sind, heißt es etwa bei den Grünen: „Kunst und Kultur sind unverzichtbar. Sie öffnen eine wichtige zusätzliche Dimension und sind der Boden, den es für die Weiterentwicklung einer Gesellschaft braucht.“ Konkrete Punkte der Partei, die mit Vizekanzler Werner Kogler derzeit auch den Kulturminister stellt, sind die soziale Absicherung von Künstlern und Menschen im Kulturbetrieb, etwa die Fortführung von „Fair Pay“ sowie die Erhöhung des Beitragszuschusses des Künstlersozialversicherungsfonds. Weiters soll etwa „die künstlerische und kulturelle Teilhabe unterrepräsentierter Gruppen“ mit speziellen Programmen und gezielten Ausschreibungen gefördert werden, weitere Punkte sind Kollektivverträge für die Bundesmuseen, die Verpflichtung von internationalen Streaming-Plattformen zu Investitionen in die österreichische Film- und Musikbranche oder eine „Ausbildungs- und Nachwuchsoffensive“ in Film und Musik.

Die NEOS propagieren eine „Kunst- und Kulturstratgie“

Die von NEOS formulierten Punkte in ihrem Wahlprogramm sind u.a. die „soziale und versicherungsrechtliche Absicherung von freischaffenden Kunstschaffenden“, eine „Kunst- und Kulturstrategie“ mit Visionen für den Kulturstandort Österreich auch außerhalb der kulturellen Zentren sowie Bürokratieabbau und Transparenz bei öffentlichen Förderungen.