Auch für den harschen Ton, den man von ihm gewohnt ist, war der Ausdruck ganz schön heftig: Donald Trump hat George Clooney öffentlich „Ratte“ genannt. Gut, der Präsidentschaftskandidat der Republikaner hat reichlich Anlass zur Nervosität: Seit Monaten hatten Trumps Parteistrategen und Spindoktoren ihren Wahlkampf auf Joe Biden maßgeschneidert; hatten den US-Präsidenten zum senilen Trottel modelliert, der geistesabwesend, inkompetent und tattrig durch das Weiße Haus und die Weltpolitik taupert und nicht mehr in der Lage ist, die USA zu führen. Motto: Im Vergleich mit dem 78-jährigen Trump sieht der 81-jährige Biden immer alt aus. Nun ist es, dank Kamala Harris als demokratischer Präsidentschaftskandidatin, Trump selbst, der angejahrt und überholt wirkt. Insofern ist sein Zorn sogar verständlich: Clooneys offener Brief in der „New York Times“, seine an Biden gerichtete Aufforderung zum Rücktritt von der Kandidatur dürfte kräftig daran mitgewirkt haben, dass Trump vor einer Woche unverhofft der erwartete leichte Gegner abhanden kam.
100 Millionen Spendendollars
Clooney arbeitet – noch mehr, seit er mit der prominenten Menschenrechtsanwältin Amal verheiratet ist - mit beträchtlichem Erfolg daran, seine Berühmtheit in politischen Einfluß umzumünzen. Denn der gut vernetzte Hollywood-Star hat Zugang zu der Art von Großspendern, mit deren Geld in den USA sowohl Demokraten als auch Republikaner ihre Wahlkämpfe finanzieren. Dass er für Kamala Harris jüngst öffentlich eine Wahlempfehlung abgegeben hat, wird entsprechend dazu beigetragen haben, dass die Demokraten in wenigen Tagen kolportierte 100 Millionen Spendendollars einsammeln konnten. Das Businessmagazin „Forbes“ jedenfalls setzt Clooneys Zugkraft als Spendenbeschaffer mit der von Melinda French Gates gleich – auch die Microsoft-Milliardärin unterstützt Harris.
Parallel dazu gab es bereits reichlich „Endorsements“, Unterstützungserklärungen von Stars aus Popmusik und Filmindustrie: Ariana Grande und Barbra Streisand, Pink, Cardi B und Charli XCX, Carole King, John Legend, Lizzo, Katy Perry, Olivia Rodrigo haben sich ebenso bereits für Harris ausgesprochen wie Spike Lee, Jamie Lee Curtis, Viola Davis, Octavia Spencer, Sharon Stone, Shonda Rhimes, Kerry Washington, Mark Ruffalo, Mark Hamill und George Takei.
Besonders die Unterstützung aus der Popbranche dürfte, Stars mit Millionen jungen Fans auf Insta, Twitter, TikTok dürfte für den raschen Schwung verantwortlich sein, den Harris‘ Kampagne auf Social Media genommen hat. Dort hat sich die Unterstützung für die Kandidatin mittlerweile weit jenseits der Celebrity-Zirkel verselbständigt - auch dank eines neuen Instruments: Massen-Zoom-Calls. Ein speziell an weiße Frauen gerichteter Event, bei dem auch Popsängerin Pink und Fußball-Star Megan Rapinoe für Harris warben, hatte jüngst 160.000 Teilnehmerinnen: Zoom-Weltrekord und 8,5 Millionen Spenden-Dollar. Gut für die Noch-Vizepräsidentin; weiße Frauen wählten zuletzt mehrheitlich die Republikaner.
Dass sich Web-Erfolge auch am Wahltag auswirken, ist allerdings noch nicht belegt. Nichtsdestotrotz braucht Harris eine breite Fan-Basis. Auch, damit allfällige Versuche, sie als Interessensvertreterin liberaler Kreise zu diffamieren, nicht verhaken. Denn das ist eine Crux der „Celebrity-Endorsements“: Anti-Elitismus war schon bei den letzten beiden Wahlen eine beliebte Stoßrichtung des Trump-Lagers, gut befeuert durch die traditionelle Anhänglichkeit der Entertainmentbranche zu den Demokraten. Bei zuviel Promi-Unterstützung ließe sich demnach Misstrauen unter Wählerinnen und Wählern schüren.
Vielleicht mit ein Grund, warum die größten Stars der US-Unterhaltungsbranche, Beyonce und Taylor Swift, ihre politischen Sympathien vorerst noch nicht öffentlich gemacht haben. Beyonce hat Harris zwar die Wahlkampf-Nutzung ihres Hits „Freedom“ gestattet, eine Unterstützungserklärung gibt es von ihr bisher aber ebensowenig wie von Swift. Dass die beiden es sich dabei nicht mit den Trump-Anhängern unter ihren Fans verscherzen wollen, ist unwahrscheinlich: Beide Stars gelten als deklarierte Feministinnen.
Backlash für die Republikaner
Kann also sein, dass sie sich ihre „Endorsements“ noch aufsparen. Immerhin ist damit zu rechnen, dass Trump, dem nicht erst seit Hillary Clinton nachgesagt wird, er habe ein Problem mit starken Frauen, im Wahlkampf gegen Kamala Harris noch ausfällig wird. Vor acht Jahren hatte er sich gegen Clinton extreme Grobheiten geleistet. Trump gehe gegen Frauen immer mit den selben beiden Anwürfen vor, so die Analyse der „MeToo“-Aufdeckerin Maggie Haberman von der New York Times: „Er diffamiert sie als verrückt oder schwach.“
Doch mittlerweile sind die Umgangsregeln andere. Schwer zu glauben, dass die Diffamierung und Herabwürdigung einer Frau in der Öffentlich noch derart hingenommen würde. Dass etwa Trumps Vizepräsidentschaftskandidat J.D. Vance sich über „kinderlose Katzenfrauen“ lustig machte, bescherte den Republikanern jüngst schon unwillkommenen Backlash – unter anderem von Hollywoodstar Jennifer Aniston. Vielleicht warten Beyonce und Swift also nur auf den richtigen Zeitpunkt, um sich zur US-Wahl zu äußern. Den wird ihnen Trumps lose Zunge wohl verlässlich bescheren.
Ute Baumhackl