Der „Vorfall“ um den niederländischen ESC-Kanidaten Joost Klein (26) weitet sich aus und könnte Sprengkraft bergen. Wie die schwedische Zeitung „Aftonbladet“ berichtet, soll Klein gewalttätig gegen eine Mitarbeiterin der TV-Produktion geworden sein. Dem gegenüber stehen Berichte, wonach er einen Fotografen attackiert haben soll, wie die TV-Station Sveriges Television berichtete. Klein wurde sowohl der Auftritt in der Durchlaufprobe für das Finale des größten Musikbewerbs der Welt als auch der Antritt zum Juryfinale am Freitagabend verwehrt.

„Wir untersuchen derzeit einen Vorfall, der uns zugetragen wurde und den niederländischen Künstler betrifft. Er wird vorerst nicht weiter proben“, hieß es zunächst am Nachmittag. Kurz vor dem Beginn des Juryfinales, das ab 21 Uhr in der Malmö-Arena angesetzt ist, dann der Nachzieher: Die Untersuchung dauere an, ebenso die Gespräche mit der niederländischen Fernsehanstalt. Joost Klein dürfe deshalb nicht live in der eigens für die internationalen Fachjurys abgehaltenen Show auftreten. Es wird stattdessen der Auftritt aus dem zweiten Halbfinale eingespielt. Über die Hintergründe wird wild spekuliert. Demnach scheint sich zu verdichten, dass es nicht um einen Konflikt mit der israelischen Delegation gegangen sein dürfte, wie zunächst vermutet.

Dabei geht es um Kleins Verhalten bei der Pressekonferenz der zehn Gewinner nach dem zweiten Halbfinale am Donnerstag. Der Sänger hatte sich mehrmals ungefragt zu Wort gemeldet und war durch unfreundliche Zwischenrufe gegen die israelische ESC-Teilnehmerin Eden Golan (20) aufgefallen. Außerdem zog er sich demonstrativ die niederländische Flagge über den Kopf, als die Sängerin sprach. Anfang der Woche soll er sich geweigert haben, mit Golan für ein Foto zu posieren, das wurde als antisemitisches Zeichen gedeutet. Auch die Kandidatin Griechenlands soll demonstrativ gelangweilt gegähnt haben, als die Israelin ihr Interview gab.

„Aftonbladet“ beruft sich bezüglich der Gewaltvorwürfe auf eine Quelle aus Produktionskreisen: „Ich weiß nicht, wie ernst es ist oder was passiert ist, aber die EBU (Europäische Rundfunkunion) untersucht das gerade.“ Es soll aber „sehr ernst“ sein: „Denn sie lassen ihn nicht proben“, so die Quelle weiter. „Es ist nicht einfach, dreieinhalb Minuten aus einer solchen Fernsehsendung zu entfernen, also ist es offensichtlich sehr ernst.“

Keine Erlaubnis für Final-Probe

Laut der größten niederländischen Tageszeitung „De Telegraaf“ durfte Klein nicht an den Proben für das Finale am Samstag teilnehmen, da die EBU den Vorfall prüfe. Es wurde zudem berichtet, dass Klein sich offenbar völlig zurückgezogen habe, obwohl er am Samstag als fünfter Kandidat auftreten soll und als Geheimfavorit gehandelt wird. Die Requisiten für den niederländischen Auftritt waren Berichten zufolge bereits auf der Bühne, wurden aber wieder weggenommen. Geplant war, dass der Künstler auf der Bühne eine Art Statement abgibt, doch die EBU schritt kurzfristig ein.

Klein war mit seinem Song „Europapa“ am Donnerstag ins Finale gevotet worden. Das Lied „Europapa“ ist eine Hymne an Europa und seinen schon früh verstorbenen Vater. „Es ist eigentlich eine Art Brief an meinen Vater“, sagte Klein. „Er hat mir beigebracht, dass Menschen sich die Grenzen ausgedacht haben, und dass man sich eigentlich seine eigene Welt selbst erfinden kann.“ Der Vater starb bei einem Unfall, als Joost erst zwölf Jahre alt war, kurz darauf verstarb auch die Mutter.