Die schwierige wirtschaftliche Lage in der Medienbranche schlägt sich beim Kurier Medienhaus in einem Umstrukturierungsprozess samt Sparpaket nieder. Am Dienstag wurden bis zu 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Frühwarnsystem des AMS zur Kündigung angemeldet. Zudem gab das Medienhaus am Mittwoch per Aussendung einen Wechsel an der Spitze der Redaktion bekannt: Martin Gebhart löst mit 1. März Martina Salomon als Chefredakteur ab. Salomon wird Herausgeberin.
Inhaltlich legt das Kurier Medienhaus künftig einen Fokus auf das Kerngeschäft. So findet etwa die Romy-Verleihung heuer ohne Gala als reines TV-Event statt. Ab 2025 wird die Romy-Gala neu evaluiert und in veränderter Form fortgesetzt.
Anpassung an die Herausforderungen
Der „Kurier“ fasste die schwierige finanzielle Lage mit sinkenden Verkaufserlösen bei den Printausgaben bzw. rückläufige Abonnements, die auf steigende Rohstoff- und Energiekosten treffen, zusammen. Gleichzeitig fließen Werbegelder zusehends zu großen internationalen Plattformen ab. Der nun eingeleitete „mehrstufige Umstrukturierungsprozess“ werde alle Abteilungen inklusive der „Kurier“-Redaktion betreffen.
Die geplanten Kündigungen von bis zu 40 Personen seien „sehr bedauerlich, jedoch notwendig, um für den ‚Kurier‘ eine erfolgreiche unternehmerische Zukunft abzusichern“, wurde „Kurier“-Geschäftsführer Richard Grasl zitiert. Mit dem Betriebsrat sei ein umfassender Sozialplan erarbeitet worden.
Martin Gebhart neuer Chefredakteur
Die Umbrüche in der Medienbranche würden eine Neuausrichtung unumgänglich machen. Daher komme es auch zu einem Wechsel in der Chefredaktion. Ab 1. März übernimmt der bisherige „Kurier“-Innenpolitik-Ressortleiter Martin Gebhart die Funktion des Chefredakteurs.
Gebhart leitete seit 2022 das Innenpolitik-Ressort, davor das Chronik-Ressort des „Kurier“. Die mit Abstand längste Zeit seiner Karriere verbrachte er allerdings bei den „Niederösterreichischen Nachrichten“ (NÖN). Gebhart war dort seit 1986 über 30 Jahre tätig – zuerst als Reporter, ab 1995 als Chef vom Dienst. Im Jahr 2001 wurde er zum Chefredakteur-Stellvertreter und 2005 zum Chefredakteur Lokales berufen. Ab 2016 war er alleiniger Chefredakteur.
„Ich kenne Martin Gebhart als Chefredakteur der ‚NÖN‘ und in seinen Funktionen als Leiter des Chronik- und Innenpolitik-Ressorts. Er hat diese Aufgaben in eindrucksvoller Manier gemeistert und ist in der Phase der Umstrukturierung eine perfekte Besetzung. Gebhart steht für Qualität, Unabhängigkeit und einen fast grenzenlosen Einsatz für die Produkte, die er leitet“, lobte Grasl den künftigen Chefredakteur. „Es liegen herausfordernde Zeiten vor uns, in denen es wichtiger denn je ist, unseren Leserinnen und Lesern eine vertrauenswürdige und faktenbasierte Berichterstattung auf unterschiedlichen Kanälen zu bieten“, stellte Gebhart fest. Er wolle nun neue inhaltliche Schwerpunkte setzen, um die Position des „Kurier“ zu stärken.
Ein neues Kapitel in der Führungsetage
Er löst damit Martina Salomon ab, die künftig als Herausgeberin fungiert. „Ich werde den Leserinnen und Lesern des ‚Kurier‘ weiterhin als Leitartiklerin, mit großen Interviews und bei unseren zahlreichen Events zur Verfügung stehen“, kündigte sie an. Auch werde sie ihre Aufgaben im Verein der Chefredakteure, beim Presserat und dem Presseclub Concordia weiterhin ausüben.
Salomon agierte seit 2018 als Chefredakteurin. Beim „Kurier“ ist sie seit 2010 als stv. Chefredakteurin an Bord. 2012 wurde sie zusätzlich Wirtschaftsressortleiterin. Vor ihrer Tätigkeit beim „Kurier“ war sie etwa bei der „Presse“ als Innenpolitikressortleiterin beschäftigt.
Der Aufsichtsratsvorsitzende des Kurier Medienhauses, Erwin Hameseder, versicherte, dass er die Entscheidungen der Geschäftsführung unterstützt, „um den langfristigen Erfolg der Verlagsgruppe sicherzustellen“. Beim „Kurier“-Verlag hat es bereits im Vorjahr Einsparungen gegeben. So gab das Medienhaus im April 2023 bekannt, dass man mit rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einvernehmliche Auflösungen anstrebe. Auch wurde mitgeteilt, natürliche Abgänge nicht nachzubesetzen und weitere Kostenreduktion durch etwa Altersteilzeiten zu betreiben. Das Kurier Medienhaus ist nicht der einzige große Marktteilnehmer, der mit finanziellen Problemen zu kämpfen hat. Sparprogramme – auch im Personalbereich – wurden im vergangenen Jahr in einer Reihe von Medienhäusern publik.
Der „Kurier“ im Wandel
Der „Kurier“ hat mit über 100.000 Stück laut Österreichischer Auflagenkontrolle die drittgrößte Verkaufsauflage aller Tageszeitungen im Land. Nur „Kronen Zeitung“ und „Kleine Zeitung“ setzten mehr ab. Die Media-Analyse weist dem „Kurier“ eine Print- und E-Paper-Reichweite in Höhe von 5,4 Prozent und damit 417.000 Personen aus. Die Onlineseite kurier.at kam 2023 auf rund 2,6 Millionen Unique User und damit 36,5 Prozent der webaktiven Bevölkerung.
Richard Grasl ist seit Anfang des Jahres neuer Geschäftsführer des Kurier Medienhauses. Mit der Übernahme der Funktion vom langjährigen „Kurier“-Geschäftsführer Thomas Kralinger sah Grasl die Medienbranche vor dem „größten Umbruch aller Zeiten“. Der Medienmanager führt zudem die Geschäfte des Nachrichtenmagazins „profil“, das Teil der Mediengruppe ist.