Die Frage, ob Radiohead noch eine Zukunft haben, denn seit dem letzten Album sind immerhin acht Jahre vergangen, kann man sich inzwischen sparen, denn die Antwort lautet: ja. Und die Zukunft, die heißt „The Smile“. Das ist jene Band, die mit Thom Yorke und Jonny Greenwood zwei maßgebliche Radiohead-Köpfe beinhaltet, Tom Skinner (Sons of Kemet) am Schlagzeug komplettiert das hochkarätige Trio. Mit „Wall of Eyes“ ist jetzt das zweite Album der Gruppe erschienen und die acht Songs darauf sind geprägt von tiefer Unruhe und Dunkelheit, die dennoch eine seltsame Leichtigkeit ausstrahlen.
Damit ist wohl auch ein Psychogramm von Mastermind Thom Yorke erstellt, der seine Angst, Wut und Verzweiflung wieder in Musik gießt, die kühn, innovativ, einfallsreich und erkundend ist. Längst schon hat Yorke starre Songstrukturen zertrümmert, was er stattdessen schuf, trägt noch keinen Namen und braucht wohl auch keinen. Es ist fordernde, beglückende, verstörende Musik auf allerhöchstem Niveau, auch Stilzuschreibungen sind obsolet.
Nervöse Songs, die in sich ruhen. Ein nur scheinbares Paradoxon, mit dem The Smile einen eigenen Kosmos schaffen. Organische Instrumente, elektronisches Zischen, Streicher, über all dem Yorkes Klagelaute, die Schmerz und Schönheit in sich tragen. Einzelne Songs herauszugreifen ist sinnlos, „Wall of Eyes“ ist ein Gesamtkunstwerk. Eines, das allerdings auf einen Höhepunkt zuläuft. Er heißt „Bending Hectic“, das Stück dauert acht Minuten, beginnt tastend, folkig fast und mündet dann in ein aufgeladenes, kreischendes, verzerrtes „A Day in the Life“-Szenario. Beatles, Radiohead, The Smile. In höhere Qualitätssphären geht es kaum noch.
The Smile. Wall of Eyes. Indigo. ●●●●●