In einem Interview mit der BBC hatte Paul McCartney im Sommer ein letztes „neues“ Lied der Beatles angekündigt. Am Donnerstag wurde offiziell bekanntgegeben, dass der Song „Now And Then“ am 2. November erscheint. Basierend auf einem Demo von John Lennon, dessen Stimme dank modernster KI-Technik von sämtlichen Nebengeräuschen befreit wurde, haben McCartney und Ringo Starr den Track fertiggestellt. Elektrische und akustische Gitarren von George Harrison stammen von 1995.
Die Geschichte von „Now And Then“ beginnt in den späten 1970er-Jahren, als Lennon im New Yorker Dakota Building ein Demo mit Gesang und Klavier einspielte. 1994 übergab seine Frau Yoko Ono die Aufnahme Paul, George und Ringo - zusammen mit Lennons Demos für „Free As A Bird“ und „Real Love“. Letztere beide Songs wurden für das Projekt „Anthology“ fertiggestellt und als „neue“ Beatles-Songs veröffentlicht. Das Trio arbeitete mit dem Produzenten Jeff Lynne an einem Rohmix für „Now And Then“. Allerdings war es zu diesem Zeitpunkt aufgrund technischer Einschränkungen nicht möglich, Lennons Gesang und Klavier zu trennen. Daher blieb das Lied im Archiv.
McCartney: „Es ist ziemlich emotional“
Hier kam nun Peter Jackson ins Spiel. Für die Dokumentationen „The Beatles: Get Back“ konnten der Neuseeländer und sein Team mithilfe der sogenannten MAL-Audiotechnologie von WingNut Films Mono-Aufnahmen entmischen und Instrumente, Gesang sowie alle einzelnen Stimmen in Gesprächen der Beatles isolieren. Das ebnete den Weg für einen Revolver-Mix von 2022, der direkt von den vierspurigen Masterbändern stammt. Damit stelle sich die Frage: Was könnte nun mit dem „Now And Then“-Demo gemacht werden? Dem Team gelang es tatsächlich, die Stimme zufriedenstellend zu isolieren.
„Da war sie, Johns Stimme, kristallklar“, wird McCartney in einer Aussendung zitiert. „Es ist ziemlich emotional. Und wir alle spielen darauf, es ist eine echte Beatles-Aufnahme.“ Starr ergänzt: „Noch dichter an das Gefühl, ihn (Lennon, Anm.) wieder bei uns im Raum zu haben, werden wir niemals kommen.“
2022 machten sich McCartney und Starr daran, das Lied zu vollenden. Den Lead-Gesang auf „Now And Then“ teilen sich Lennon und McCartney. Die Gitarrenparts von Harrison stammen vom damals gescheiterten Versuch, den Song für die „Anthology“-Reihe fertigzustellen. Starr und McCartney spielten Schlagzeug und Bass neu ein, „Macca“ fügte „ein von George inspiriertes Slide-Gitarrensolo hinzu“, wie es in der Aussendung heißt. In den Capitol Studios in Los Angeles wurden Streicher aufgenommen. Produzent Giles Martin und McCartney verwendeten außerdem Original-Background-Gesangsspuren von „Here, There and Everywhere“, „Eleanor Rigby“ und „Because“ und ließen sie in „Now And Then“ einfließen.
Single wird digital und auf Vinyl veröffentlicht
Witwe Olivia Harrison gab dem Projekt ihrem Segen: „Nachdem George damals, im Jahr 1995, tagelang im Studio an diesem Song gearbeitet hatte, war er schließlich zu der Überzeugung gelangt, dass die technischen Probleme, die mit dieser Demoaufnahme verbunden waren, einfach unüberwindbar bleiben würden. Er hielt es für unmöglich, diesen Song so fertigzustellen, dass er den klanglichen Standards entspricht. Wenn er heute noch unter uns wäre, hätte er Paul und Ringo mit aller Kraft unterstützt, “Now And Then‘ fertigzustellen.“
Sean Ono Lennon zeigte sich bewegt: „Es ist der letzte Song, den mein Dad und Paul und George und Ringo zusammen machen konnten. Er funktioniert wie eine Zeitkapsel. Und man hat das Gefühl, dass alles einfach so kommen musste.“
Die Single kommt digital und auf Vinyl in den Handel. Am 10. November folgen um insgesamt 21 Songs erweiterte Neuauflagen der Werkschauen „1962-1966“ („The Red Album“) und „1967-1970“ („The Blue Album“) von 1973, die für viele der Einstieg in die Welt der Beatles. Auf beiden Alben (CD und Vinyl) zusammen sind nun 75 Titel vertreten - von der ersten Single „Love Me Do“ bis zum finalen „Now And Then“. Martin und Sam Okell haben die Songs in den Abbey Road Studios neu gemixt, auch in Dolby Atmos (digital zu haben). Außerdem steuerte der Journalist und Autor John Harris neue Essays als Line-Notes bei.