Albert Einstein ist der Sieger. Vom Physik-Nobelpreisträger des Jahres 1921 sind die meisten Falschzitate in Umlauf. Das hat Zitatforscher Gerald Krieghofer herausgefunden. Ein Beispiel: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ Klingt gut, stammt aber definitiv nicht von Einstein, erläutert Krieghofer in seinem neuen Buch „Die besten falschesten Zitate aller Zeiten“. Denn selbst Einstein-Expertinnen hätten diesen Satz in keinem einzigen seiner Texte gefunden.

Der Sieger | Von Albert Einstein sind die meisten Falschzitate in Umlauf.
Der Sieger
| Von Albert Einstein sind die meisten Falschzitate in Umlauf. © dpa

Literaturexperte Krieghofer bemerkte bei Forschungsarbeiten für die österreichische Akademie der Wissenschaften zum Werk von Karl Kraus, dass diesem österreichischen Schriftsteller sehr häufig falsche Zitate untergejubelt wurden, obwohl just Kraus besonders viel Wert auf richtiges Zitieren gelegt habe. 1933 hat Karl Kraus sogar die Zeitschrift „Gegenangriff“ geklagt, weil eines seiner Gedichte ohne einen wichtigen Beistrich abgedruckt worden war. Die Nachwelt biegt sich auch den penibelsten Stilisten zurecht.

Zitate wirken schließlich auch stärker, wenn man erklärt, sie stammten von Albert Einstein, Winston Churchill und Co., und nicht von einem unbekannten Verfasser. Die frühere Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) bewarb den Zwölfstundentag mit einem Zitat, das sie Karl Marx unterjubelte, das allerdings von Otto von Bismarck stammte: „Freiheit ist ein Luxus, den sich nicht jedermann leisten kann.“ Marx hätte zur Anhebung der Arbeitszeit nicht getaugt, denn er sagte: „Von der Arbeitszeit hängt es ab, ob die Gesellschaft die Zeit hat, sich menschlich auszubilden.“

Gerald Krieghofer möchte nicht Zitatjäger genannt werden, lieber sehe er sich als „Zitate-Troubleshooter“, oder anders ausgedrückt: „Wie ein entfernter Verwandter des von Harvey Keitel verkörperten Winston Wolf aus dem Film ,Pulp Fiction’: „Ich löse Probleme.“ Durch die Digitalisierung und Social Media käme es zu einer Flut an Falschzitaten, denn nicht nur Kluges, auch Unsinn und Unrichtiges werde digitalisiert und verbreitet. Deshalb könne man auch ChatGPT und Konsorten in dieser Frage nicht vertrauen, da die eloquente Computerintelligenz Belegstellen halluziniere.

Der Satz „Lass dich nicht unterkriegen, sei frech, wild und wunderbar“ wird Pippi Langstrumpf zugeschrieben und ist beliebt bei „Motivationstrainer:innen aller Art“ und „Text einschlägiger Postkarten“, erklärt Krieghofer. 2014 tauchte das Langstrumpf/Lindgren-Zitat sogar auf einem Ratgeberbuch mit dem Titel „Sei frech, wild und wunderbar“ auf. Woher der Satz wirklich stammt, ist bis heute nicht geklärt.

Was Freud so nie sagte | Sigmund Freud (1856-1939), Begründer der Psychoanalyse,  musste 1938 vor den Nazis nach England fliehen, er starb im Exil.
Was Freud so nie sagte
| Sigmund Freud (1856-1939), Begründer der Psychoanalyse, musste 1938 vor den Nazis nach England fliehen, er starb im Exil. © APA/dpa

Auch Österreichs Kartograf der Seele, Sigmund Freud, zählt zu den beliebtesten Zitat-Gebern. Doch hat er weder „Manchmal ist eine Zigarre eben nur eine Zigarre“ gesagt, noch „Wer Trinken, Rauchen und Sex aufgibt, lebt auch nicht länger. Es kommt ihm nur so vor.“ Auch „Die Zeit, die man mit Katzen verbringt, ist niemals verlorene Zeit“ finde sich in keiner einzigen Schrift des legendären Psychoanalytikers. Dazu komme noch, dass Freud Tiere zwar geliebt habe - „mit einer Ausnahme: Katzen“, schreibt Krieghofer. Was man hingegen getrost von Sigmund Freud zitieren könne: „Nein, ich bin kein Pessimist, denn ich habe meine Kinder, meine Frau und meine Blumen.“

Gerald Krieghofer hat Hunderte Zitate bekannter Persönlichkeiten gesammelt, um ihren wahren Ursprung zu ergründen: „Zitate haben heutzutage eine andere Funktion als die bildungsbürgerliche Angeberei vor 100 Jahren“, erklärt er, denn sie verbinde uns mit „den hellsten Köpfen aus der Vergangenheit“. Und mit dem Witz: „Die Mentalität der Österreicher ist wie ein Punschkrapfen: außen rot, innen braun und immer ein bisschen betrunken.“ Der Satz wurde lange Zeit Thomas Bernhard untergeschoben. Doch der Urheber des Witzes ist: unbekannt.

Zitatforscher  | Gerald Krieghofer wuchs in Osttirol auf	, lebt mittlerweile in Wien
Zitatforscher
| Gerald Krieghofer wuchs in Osttirol auf , lebt mittlerweile in Wien © Matthias Cremer