Manche Dinge sind für routinierte Busfahrer ungefähr so verständlich wie Suaheli für Durchschnittsösterreicher. „Ich wundere mich oft, dass Leute so was von kein Gefühl beim Autofahren haben“, sagt Jürgen Rohde in seiner Arbeitsmontur - grünes Gilet und Krawatte, von dem sich der rechte Winkel höchstpersönlich noch eine Scheibe abschneiden könnte. Sein liebstes Gefährt - „Hauptsache es ist ein Bus“ - steht einige Straßen weiter und glänzt farblich zum Gilet passend wie eine satte Raupe, die sich gerade durch den Morgenverkehr der Grazer Innenstadt gefressen hat.

In Fahrt geredet

Egal, Rohde hat sich schon in Fahrt geredet und ist gar nicht mehr zu bremsen, geht es doch um sein liebstes Thema: das Fahren. „Das Busfahren soll ein angenehmes Reisen sein. Der Gast soll keine Bremserei oder Beschleunigung spüren, es soll ein angenehmes Dahingleiten sein. Und was ich gar nicht verstehe, es gibt Leute, die können beim Autofahren kein Gas ruhig halten. Bei privaten Ausflügen werde ich da als Beifahrer nach fünf Minuten porös. Bevor ich mir das antue, fahre ich meistens gleich selbst“, sagt der 40-Jährige, der sich den Busführerschein nach dem Studium der Industriewirtschaft an der FH Joanneum in Kapfenberg „als Belohnung“ geschenkt hat. „Ich bin schon als Bub immer rechts vorne neben dem Busfahrer gesessen und habe ganz neidisch rübergeschaut“, meint er mit glänzenden Augen.

Diplomingenieur am Steuer

Heute ist er wahrscheinlich einer der wenigen Diplomingenieure im Land, die regelmäßig hinter dem Steuer eines Busses Platz nehmen. Gemeinsam mit seinen Kollegen der Firma Watzke - dem Grazer Stützpunkt von Dr. Richard, der für den „Flixbus“ zuständig ist - betreibt man die Linie Wien-Graz. „Ich traue mich wetten, dass wir ein gewisses Publikum an Land gezogen haben, das sonst nicht so schnell nach Wien gefahren wäre, weil es zum Beispiel mit dem Zug zu teuer war. Es ist einfach verlockender geworden, das Auto stehen zu lassen und mit dem Bus zu fahren.“

Wenn sich Rohde hinter dem Steuer nicht gerade um das Wohlbefinden seiner Fahrgäste kümmert, sitzt er als Disponent in der Zentrale und hält „das Werkl“ am Laufen. Dort sind Probleme aller Art sein Fachgebiet. „Da meldet sich dann zum Beispiel ein Kollege, dem ein Lkw den Weg blockiert, oder ein Fahrer, der Probleme mit dem Fahrscheindrucker hat. Die Aufgabe des Disponenten ist es dann, eine schnelle Lösung zu finden“, so Jürgen Rohde, der auch privat am liebsten motorisiert unterwegs ist.

Sei es nun auf Schiene oder auf zwei Rädern. „Ich habe zu Hause ein Golf Cabrio für den Sommer, einen Golf für den Winter und drei KTM. Außerdem bin ich Mitglied in Nostalgiebus und -bahnklubs. Mir wird also net fad“, lacht der Busfahrer, der auch mit einem Nostalgiebus Fahrpraxis sammelte. „Mit einem Saurer, Baujahr 1954. Da darf man sich dann wirklich Kraftfahrer nennen.“

Nie Müdigkeit aufkommen lassen

Müdigkeit würde Rohde aber sowieso nie und nimmer aufkommen lassen. Schon gar nicht bei der Arbeit. „Ich gehe früh genug schlafen. Das ist in dem Geschäft einfach Pflicht. Wenn ich weiß, dass ich um 6 Uhr Dienstbeginn habe, ist um 21 Uhr das Licht aus. Beim Bundesheer sagen sie: Kampfkraft erhaltende Maßnahme“, sagt's strahlend wie eine Lichthupe, bevor er zu seiner grünen Raupe zurückkehrt. An seinen liebsten Platz. Vorne links auf dem Fahrersitz.