Time, sagt der Schiedsrichter – und Nadal und Federer trotten zurück auf den Tennisplatz. Einen persönlichen Zeitansager bräuchte man. Jemanden, der einem während der Arbeit kurz Bescheid gibt, wenn es wieder einmal an der Zeit ist, den nächsten Programmpunkt anzugehen, E-Mails zu beantworten oder eben Pause zu machen. Weil aber die Zeit oft verrinnt, ohne dass man später weiß, wo sie liegen geblieben ist, gibt es einen schlauen Helfer.
„ZEI°“nennt sich das Ding mit der Optik eines weißen Spielzeugkristalls. Was es kann, ist schnell erklärt: Der achtseitige Würfel ist drahtlos mit dem Computer, Tablet oder Smartphone verbunden. Der Benutzer kann jeder Seite ein Projekt oder eine Tätigkeit zuweisen. „Admin“ etwa hat Manuel Zoderer auf eine der Würfelseiten geschrieben, „Support“ auf eine andere.
„ZEI°“ ist sein Baby. Gemeinsam mit seinem TU-Studienkollegen Manuel Bruschi hat er die Software entwickelt, weil der Leidensdruck bei der Zeiterfassung irgendwann zu groß wurde. „Während des Studiums haben wir teils als Freelancer, teils bei Firmen gearbeitet“, erklärt Manuel Zoderer. Am Ende der Woche wurden die Stunden erfasst. Bloß – wie lange hat das Kundengespräch am Montag noch einmal gedauert? Wie lange die Arbeit an dem Projekt? „Es war immer eine grobe Schätzung. Das ist Geld, das einem durch die Finger rinnt. Deshalb wollten wir eine Software entwickeln, die uns die Arbeit abnimmt, präzise die Zeit erfasst und uns die Eingabe erspart.“ Eine App kam für sie nicht infrage. Es sollte etwas sein, das man neben sich auf den Tisch legen konnte, etwas Handliches, Simples, Drahtloses. „Wir haben einen Prototyp gebaut – einen sechsseitigen Würfel – und eine mehr oder weniger schwindlige Software eingebaut“, grinst der Wahl-Grazer. Es klappte und von den Kollegen kam reger Zuspruch: „Hey, das ist cool, kann ich auch so einen haben?“ Langsam dämmerte es den beiden Studenten, dass sie etwas in der Hand hatten, das vielleicht sogar das Potenzial für ein marktfähiges Produkt hatte. Sie zapften ihr privates Netzwerk an. Christian Zanzotti wuchs im gleichen Südtiroler Tal auf wie Bruschi und Zoderer. Auch Thomas Wolf kannten sie schon seit Jahren. Die beiden Industrial Designer betrieben inzwischen ein eigenes Designstudio in München.
Im September launchten sie eine Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter – mehr als 300.000 Euro von etwa 3000 Unterstützern aus 70 Ländern kamen dabei heraus. Dann ging es an die Umsetzung – die Produktion sollte in Europa erfolgen. Im April dieses Jahres gaben sie die ersten Würfel aus. Bis jetzt sind rund 6000 Stück verkauft. „Es wird laufend entwickelt – wir haben noch so viele Ideen, etwa Gruppenfunktionalität einzubauen“, sagt Zoderer und führt weiter aus: „Das Feedback der Leute zeigt uns, dass man nicht nur die Zeit mittrackt, sondern dass man auch produktiver wird, wenn der Würfel neben einem liegt.“
Mittlerweile sind zwölf Leute bei „Timeular“ beschäftigt, die über den deutschsprachigen Raum verteilt arbeiten. Eine „Remote Company“, wenn man so will. „Wenn man arbeitet, wo und wann man will, leistet man bessere Arbeit“, ist Zoderer überzeugt. „Da schränken wir niemanden ein. Ein weiteres Thema ist das Hiring. Wir wissen wie gefragt Softwareentwickler sind. So nehmen wir die räumliche Komponente heraus und fokussieren uns rein aufs Talent.“ Voraussetzung: „Super Kommunikationsfähigkeit und Eigenständigkeit. Im Büro wird man doch ein bisserl aufgefangen. Bei uns sieht man gleich, ob jemand selbstständig arbeiten kann.“ Dreimal im Jahr treffen sich die Mitglieder für je eine Woche. „Die soziale Komponente wie das Plaudern am Kaffeeautomaten fehlt bei uns, deshalb ist es wichtig, dass neben den Programmpunkten auch Zeit für Allfälliges bleibt.“ Apropos, Allfälliges: Im TV-Format „Die Höhle der Löwen“ auf VOX gab es keinen Deal für „Timeular“, dafür aber einen Millionendeal von dem österreichischen Investor Speedinvest.
Birgit Pichler