Seit diesem Jahr ist der Affenberg in Landskron eine Außenstelle der Fakultät für Lebenswissenschaften der Universität Wien. Was erforschen Sie in diesem Feldlabor?
BERNARD WALLNER: Das Feldlabor wurde etabliert, um genetische Analysen durchzuführen. Es werden Vaterschaftsanalysen vorgenommen, um mütterliche Linien zu definieren, und eine vollständige Sequenzierung aller Individuen ist geplant. Dafür bauen wir eine Forschungsdatenbank in Kooperation mit dem Campus Villach der Fachhochschule Kärnten auf. Wir möchten Daten archivieren und diese unseren Kooperationspartnern zur Verfügung stellen.
Wie führen Sie genetische Analysen bei den Japanmakaken auf dem Affenberg durch?
Wir machen keine Blutabnahmen, sondern sammeln Kotproben zur genetischen Analyse. Das ist gar nicht so einfach, wir müssen recht flott sein. Denn je frischer der Kot, desto besser die Auswertung. Zudem muss dann auch noch die Probe zu einem der Affen im Gehege zuordenbar sein. Am besten sollten wir quasi das Individuum auf frischer Tat ertappen. Unser Ziel ist es, einen genetischen Fingerabdruck eines jeden der rund 170 Japanmakaken auf dem Affenberg zu erstellen.
Was erhoffen Sie sich durch die genetischen Fingerabdrücke?
Wir möchten das Verhalten der Affen aufgrund ihrer individuell genetischen Grundlage besser verstehen lernen. Wie ihre hierarchische Sozialstruktur aufgebaut ist und jedes einzelne Individuum agiert. Aufgrund der hohen Population auf dem Affenberg versprechen wir uns aufschlussreiche Ergebnisse.
Zurzeit umfasst das Gehege vier Hektar. Warum wollen Sie weitere drei Hektar anmieten?
Wenn die Population zu dicht ist, kann es zu erheblichen Spannungen innerhalb der Gruppe kommen. Mit der Vergrößerung wollen wir einer Teilung der Population entgegenwirken, die durch Revierkämpfe passieren würde. Bis dato gab es nur geringe Geburtenkontrolle. Das werden wir allmählich behutsam ändern, damit der Anstieg der Population in geringem Maße erfolgt.
Wie sehr ähnelt das Verhalten der uns wohl am nächsten verwandten Lebewesen – der Primaten – jenem der Menschen?
Das Gruppengefüge der Primaten können wir 1:1 auf das der Menschen umlegen. Das heißt, dass das hierarchische Verhältnis der Individuen zueinander genauso aufgestellt ist wie das der Menschen. Je mehr Nachkommen ein Leader hat, desto machtvoller ist er. Anders gesagt, je mehr Geld jemand hat, desto einflussreicher ist er. Sowohl bei den Primaten als auch bei den Menschen ist es so, dass nur wenige sehr viel besitzen. Mittel- und Unterschicht sind auch hier vorhanden.
Unsere Gesellschaft ist noch stark von patriarchalen Strukturen durchzogen, wohingegen die Primaten das Matriarchat leben. Wie äußert sich das?
Bei dieser Primatenart erhält das weibliche Individuum das System. Die Mütter mit ihren weiblichen Nachkommen bleiben lebenslang in ihrer Geburtsgruppe und die männlichen Individuen wandern ab. Weibliche Nachkommen hochrangiger Japanmakaken werden genauso respektvoll behandelt wie ihre Mütter. Aufstiegschancen innerhalb des Gefüges sind gering bis unmöglich.
Mit dem Labor bietet die Fakultät nun auch Studierenden die Möglichkeit, Feldforschung während ihres Studiums zu betreiben. Wie sieht diese aus?
Studenten können hier an Lehrveranstaltungen teilnehmen und Forschung betreiben. Dafür haben wir ein molekularbiologisches Labor eingerichtet. Zudem können die Studierenden im Stift Ossiach kostengünstig wohnen. Hier werden Gemeinschaftsräume, Lehrräumlichkeiten, Seminarräume und Büros für die Lehre der Uni Wien vom Land Kärnten zur Verfügung gestellt. Das Feldlabor wird vom Land Kärnten, der Uni Wien und den Eigentümern des Affenbergs subventioniert.
Was wollen Sie mit der Kärntner Außenstelle erreichen?
Wir möchten mit dem Labor einen internationalen Studenten- und Wissenschaftleraustausch aufbauen. Die Universität Wien kooperiert schon viele Jahre mit dem amerikanischen Primatologen Michael Huffman in Kioto. Im kommenden Frühling nehme ich zudem eine Gastprofessur an der University of Chicago an. Kioto und Chicago zählen zu den weltbekannten Forschungsarealen für Makaken. Ziel ist es, einen fluktuierenden akademischen Austausch auf Praedoc- und Postdoc-Level sowie von Fakultätsmitgliedern zu etablieren.
Esther Farys