Beim Kaffeetrinken hat jeder so seine Vorlieben: Schwarz ohne Zucker, mit viel Milch oder ganz ausgefallen. Ähnlich große Vielfalt herrscht im Coffeeshop – die unterschiedlichen Möglichkeiten, wie man sich seinen Coffee-to-go besorgt, sind sogar interessant für die Wissenschaft. Forscher der Uni Klagenfurt haben sich den kulturellen Unterschieden gewidmet, die man in Coffeeshops weltweit beobachten kann – und sind auf eine Überraschung gestoßen.
Über 3700 Besuchern von Starbucks-Fillialen in zehn verschiedenen Ländern hat ein Team rund um Wirtschaftswissenschaftler Holger Roschk bei ihrem Konsumverhalten über die Schultern geschaut. „Wir sind davon ausgegangen, dass sich die Kunden gemäß der Kultur verhalten würden, von der sie geprägt sind“, sagt Roschk. Er erwartete, dass Menschen in individualistischen Kulturen eher alleine in die Coffeeshops gehen würden.
Tatsächlich war es aber umgekehrt: Es waren vor allem Menschen aus kollektivistischen Kulturen, die sich als Einzelgänger entpuppten und nicht wie sonst in ihrem Alltag sich in Gruppen bewegten.
Diese Erkenntnis steht im Gegensatz zu vielen empirischen Studien, die aussagen, dass Konsumentscheidungen stark von der jeweiligen Kultur geprägt sind. Roschk erklärt die konträren Ergebnisse aus seinem Forschungsprojekt so: „Kultur ist nicht feststehend, Kultur entwickelt sich sehr langsam in eine bestimmte Richtung. Wenn sich alle immer nur kulturkonform verhalten würden, gäbe es gar keine Entwicklung. Damit es einen kulturellen Wandel gibt, muss es Einzelne geben, die sich ungewöhnlich verhalten.“
In die Praxis umgelegt lassen sich aus dem Forschungsprojekt einige Handlungsanweisungen ableiten. Roschk schlägt vor, dass Coffeeshops ihre Räumlichkeiten jeweils anpassen sollten – größere Tische für Gruppen in individualistischen Kulturen, mehr Einzelplätze in den kollektivistischen Kulturen. Außerdem sollte Starbucks seine Preispolitik überdenken: Gruppentarife und Bonuspunkte würden für kulturelle Abweichler ansprechen.