Lernen von und mit Harry Potter. Das steht im Mittelpunkt eines Schulprojekts, das sich zum Ziel gesetzt hat, die mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu fördern und auch ihre Widerstandsfähigkeit (Resilienz) zu stärken. Sozusagen als Arbeitsunterlage dient „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“, der dritte Teil in der Reihe rund um den jungen Zauberer, die von J.K. Rowling stammt. Einem kanadischen Kollegen, der Band drei mit seinem Sohn las, sei aufgefallen, „dass gewisse Dinge sehr der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) ähneln, dass sich die Geschichte wie ein Handbuch für Verhaltenstherapie liest“, erzählt Thomas Niederkrotenthaler vom Zentrum für Public Health der Med-Uni Wien.

Denn Rowling hatte selbst unter Depressionen gelitten und diese Erfahrungen in das Buch einfließen lassen. Nach eigenen Aussagen hat sie ihre Depression mithilfe der KVT überwunden. Die Verhaltenstherapie biete eine Chance, eine andere Sicht auf Dinge zu erlangen. „Das klingt banal, ist aber extrem wichtig für unsere psychische Gesundheit und für unsere Widerstandsfähigkeit.“

Gemeinsam wurde dann ein „Harry-Potter-Curriculum“ entwickelt. Dieses richtet sich an Kinder zwischen elf und 15 Jahren. In zwölf Einheiten im Rahmen des Deutschunterrichts über drei Monate wird Harry Potter drei in einer Klasse gemeinsam gelesen. „Die Schülerinnen und Schüler lesen das Buch und machen dazu auch Übungen. Es geht darum, die Fähigkeiten von Harry Potter, die er im Verlauf der Geschichte lernt, kennenzulernen und sich selbst etwas davon abzuschauen“, sagt Niederkrotenthaler, dessen Forschungsschwerpunkt auf Medien und ihren Auswirkungen auf die Psyche liegt. Zudem werden, Kapitel für Kapitel, zentrale Begriffe, die in Zusammenhang mit psychischer Gesundheit wichtig sind, eingeführt und erklärt. Zu Beginn geht es etwa um Risiko- und Schutzfaktoren.

„Im Buch kann man beobachten, wie Harry Potter im Umgang mit Stresssituationen immer kompetenter wird“, erklärt der Forscher. Ein Beispiel seien etwa die Dementoren, bedrohliche Geschöpfe, die eine Depression symbolisieren. „Harry entwickelt selbst Depressionen im Verlauf der Geschichte, er hat Risikofaktoren und wird zum Beispiel auch gemobbt“, sagt Niederkrotenthaler. „Aber durch Nachdenken, durch liebevolle Beziehungen zu seinen Freundinnen und Freunden und auch durch sportliche Betätigung – Stichwort Quidditch – kommt er voran und es geht ihm besser.“

Gestartet wird in der Steiermark im Sommersemester 2025, bislang haben sich Lehrerinnen und Lehrer von 30 Schulklassen gemeldet. „In Kärnten suchen wir noch nach Schulklassen, die mitmachen möchten.“