Beim neuen Finanzausgleich samt Gesundheitsreform hat die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) zwar viele, aber nicht alle Wünsche erfüllt bekommen. Für den Ausbau des niedergelassenen Bereichs gibt es zwar 300 Millionen Euro direkt vom Bund, netto blieben der ÖGK, die 80 Prozent der Versicherten vertritt, aber nur 180 Millionen Euro, beklagt Obmann Andreas Huss. Damit sei „ein bisschen was möglich“, sagt Huss, „aber nicht das, was wir eigentlich bräuchten“.
Diesen „eigentlichen“ Bedarf taxierte der Obmann auf rund 500 neue Stellen. Außerdem sollten gewisse spitalsambulante Leistungen künftig verstärkt in Ordinationen durchgeführt werden. „Das wird es nicht zum Nulltarif geben“, so Huss. „In Wirklichkeit ist das Geld (des Finanzausgleichs, Anm.) völlig falsch verteilt worden.“ In die Spitäler fließt in etwa doppelt so viel zusätzliches Geld vom Bund wie in den niedergelassenen Bereich.
Kräftiges Defizit von 380 Millionen Euro
Für heuer erwartet die ÖGK ein Defizit von 380 Millionen Euro und die kommenden Jahre werden auch nicht „rosig werden“, sagt Huss. Zwar hat die Bundesregierung bereits vor dem Finanzausgleich Geld für 100 neue Kassenstellen zur Verfügung gestellt, die nun mit einem Bewerberprogramm ausgeschrieben werden (www.meineeigenepraxis.at), allerdings seien bereits jetzt rund 300 Kassenstellen offen.
Durch den Entfall der Veto-Möglichkeit für die Ärztekammer sollte es der ÖGK in Zukunft etwas leichter fallen, die Vakanzen zu besetzen. Huss sprach gar von 300 Primärversorgungseinheiten (statt bisher 50) und anderen neuen Formen der Haus- und Facharztmedizin, die von jungen Ärztinnen und Ärzten nachgefragt werden. Die klassische Einzelordination sei mittlerweile schwierig zu besetzen, so die ÖGK-Spitze. Der genaue Bedarf muss kommendes Jahr mit den Bundesländern festgelegt und die regionalen Strukturpläne neu geschrieben werden.
Covid-19-Kosten von 45 Millionen Euro jährlich
Noch verfügt die Gesundheitskasse über Rücklagen von 1,4 Milliarden Euro. „Ab 2028 sind sie weg“, warnt Huss. „Spätestens da wird es frisches Steuergeld benötigen.“ Die Beiträge der Versicherten zu erhöhen, will die ÖGK aber nicht. Einsparungsmöglichkeiten gibt es über den neuen Gesamtvertrag und einheitlichen Leistungskatalog, der mit der Ärzteschaft bis Sommer verhandelt werden soll. Weil der ÖGK aber auf den letzten Metern der Gesundheitsreform durch Änderungen gewisse Druckmittel gegenüber der Kammer abhandenkamen, könnten die tatsächlichen Einsparungen am Ende geringer ausfallen. Bei ihrem Beitrag an die Spitäler habe die Sozialversicherung zudem gar keinen Hebel für Kostensenkungen.
Auch die Vollübernahme der Covid-19-Kosten wird die Ausgaben wachsen lassen. Huss bezifferte dies auf 45 Millionen Euro allein für Tests bei Ärzten und für das antivirale Medikament Paxlovid. Dieses kostet im Einkauf normal 900 Euro, die ÖGK dürfte günstigere Konditionen verhandelt haben von rund 700 Euro pro Packung. Die Abgabe werde auf Risikopersonen beschränkt sein, kündigte Huss an. Nicht inkludiert in den Covid-19-Kosten sind Ausgaben für Long-Covid-Patienten, die über einen langen Zeitraum nicht arbeitsfähig sind und Geld über die ÖGK beziehen.