Donald Trump und Alice Weidel wettern gebetsmühlenartig gegen „Fake News“ und „Lügenpresse“ und rütteln so an der Stellung der Medien als Kontrollorgane unserer Gesellschaft. Forscherinnen und Forscher aus der Kommunikations- und Medienwissenschaft legen nun eine Charta vor, die von der Kommunikationswissenschaft einfordert, stärker ihre Rolle als präsente Diskursstimme in der Öffentlichkeit wahrzunehmen. Denn: „Wenn die Funktion der Medien nicht mehr als bedeutend wahrgenommen wird, ist eine Grundfeste der Demokratie in Frage gestellt. Es steht viel auf dem Spiel.“

„Wir, Forscherinnen und Forscher aus der Kommunikations- und Medienwissenschaft, sind gefordert, uns aktiv in gesellschaftliche Diskurse einzuschalten. Dafür gibt es gute Gründe: Desinformation, d.h. die bewusste Manipulation durch gezielte Falschinformation, verunsichert immer mehr Menschen. Auch in demokratischen Gesellschaften müssen Journalistinnen und Journalisten vor physischer und verbaler Gewalt geschützt werden. Politiker und Politikerinnen stellen die Medienfreiheit partiell in Frage und Journalisten und Journalistinnen werden zu Medienanlässen nur selektiv zugelassen. Auch wird die Service Public-Idee als gestaltendes Prinzip einer demokratischen Mediengesellschaft teilweise negiert. Weitere Gründe sind: Es gilt, Standards wie mediale Glaubwürdigkeit, Verantwortung, (digitale) Mündigkeit zu stärken sowie die Bedeutung von Menschenrechten, den Schutz der Privatheit und die (informationelle) Selbstbestimmung auf die digitale Gesellschaft zu übertragen“, schreiben die Initiatorinnen und Initiatoren der Charta „Kommunikations­wissenschaft als öffentliche Wissenschaft in der digitalen Mediengesellschaft“ in ihrer Präambel.

Unter https://oeffentliche-kowi.org/ hat die Gruppe von WissenschaftlerInnen, denen die Gestaltung der digitalen Mediengesellschaft ein wichtiges Anliegen ist, die achtseitige Charta veröffentlicht. Nachdem 77 Personen aus dem D-A-CH-Raum die Charta vorweg unterzeichnet haben, können sich nun weitere Interessierte anschließen. „Diese Initiative wird von Einzelpersonen getragen und richtet sich an Sozialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, insbesondere aus der Kommunikationswissenschaft, die bereit sind, mit der Gesellschaft und der Öffentlichkeit in Dialog zu treten“, erklärt Larissa Krainer (Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Klagenfurt), die unter den InitiatorInnen ist. Dieser Dialog sei heute von besonderer Bedeutung: „Die Wissenschaft muss angesichts aktueller Entwicklungen Gegenrede zur Verfügung stellen, um auf Basis von sachlichen Argumenten die Funktionen von Medien in unserer Gesellschaft in Erinnerung zu rufen. Es geht uns dabei nicht um parteipolitische Einmischung, sondern um Fragen des Gemeinwohls, die mit ruhiger Stimme und auf Basis von Evidenzen diskutiert werden müssen.“