Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, den oftmals kreativen Techniken der Steuervermeidung von internationalen Konzernen entgegenzuwirken. Seit 1. Jänner 2019 sind nun auch in Österreich Regelungen zur Umsetzung der europäischen „Anti Tax Avoidance Directive“ in Kraft. Am 28. März 2019 treffen sich Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Praxis und Politik zum 6. Kongress der „Forschungsgruppe anwendungsorientierte Steuerlehre“ (FAST) an der Universität Klagenfurt, um über Folgen, Stolpersteine und Perspektiven zu sprechen.
Es sind ganz bestimmte Praktiken, auf die die neuen gesetzlichen Regelungen abzielen: Eine Konzernmutter hat anderswo, in einem Land mit niedrigem Körperschaftsteuersatz, eine Tochtergesellschaft, die keine operative Tätigkeit ausübt, sondern auf die beispielsweise über Lizenzvergaben „passive“, niedrig besteuerte Einkünfte ausgelagert werden. Nun hat man sich in der OECD und in der Folge in der EU in den vergangenen Jahren verstärkt darum bemüht, Maßnahmen gegen die Verlagerung von Gewinnen zu ergreifen. Die Folge sind gesetzliche Regelungen, die in den einzelnen Ländern umgesetzt werden sollen, und die in Richtung Vereinheitlichung der Steuergesetze abzielen.
Sabine Kanduth-Kristen, Leiterin der Abteilung für Betriebliches Finanz- und Steuerwesen an der Universität Klagenfurt, ist Organisatorin und Gastgeberin des FAST-Kongresses 2019, bei dem es um die Folgen dieser neuen gesetzlichen Regelungen gehen soll. In Österreich hat man mit 1. Jänner 2019 eine Regelung erlassen, die vorsieht, dass passive Einkünfte von Tochtergesellschaften in einem niedrig besteuerten Ausland (12,5 Prozent und weniger), die keine operativen Tätigkeiten durchführen, direkt der Muttergesellschaft in Österreich zugerechnet und bei dieser versteuert werden müssen. „Die Regelung ist bei uns völlig neu und wir haben – im Gegensatz zu Deutschland – noch keine Erfahrungswerte. Beim Kongress wollen wir einen Vergleich der gesetzlichen Bestimmungen mit unserem Nachbarland anstellen und untersuchen, wo die Probleme der Regelungen liegen und inwieweit die Umsetzung in Österreich und in Deutschland Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufweist“, berichtet Kanduth-Kristen. Für die Umsetzung sieht sie zahlreiche Herausforderungen: So zählt nicht der nominelle Steuersatz des Auslands, sondern es sind Befreiungen mit zu beachten, die Auswirkungen auf die Bemessungsgrundlage haben. Außerdem muss die Muttergesellschaft die Tochtergesellschaft „beherrschen“, eine Fragestellung, die oft auch nicht ganz einfach zu eruieren ist.
Maßnahmen, die der Steuervermeidung global entgegenwirken, sieht Sabine Kanduth-Kristen positiv. Sie seien dazu in der Lage, den als unfair empfundenen „schädlichen“ Steuerwettbewerb zwischen den Ländern zu verhindern. Gemeinsame Regelungen wie sie beispielsweise die europäische Anti Tax Avoidance Directive vorsieht, könnten dem entgegensteuern. Steuerwettbewerb zwischen den Ländern sei aber nicht per se schädlich, es müsse daher die richtige „Balance“ zwischen Harmonisierung und dezentraler Steuerkompetenz gefunden werden.