Um Laien verständlich zu machen, woran Angelika Wiegele forscht, greift die Mathematikerin gerne zu einer Metapher: „Man stelle sich eine Person vor, die Holz schnitzt, mit ihrem Werkzeug aber nur gerade Schnitte produzieren kann. Würde man ihr nun ein Werkzeug in die Hand geben, das auch Rundungen schnitzen kann, ergeben sich völlig neue Möglichkeiten, das Holz zu bearbeiten.“ Genauso verhält es sich mit den mathematischen Methoden, die Wiegele beschäftigen – „semi-definite Optimierung“, so der Fachjargon. Diese könnten unter anderem die Logistik revolutionieren.
Genau das ist das Ziel eines neuen EU-Forschungsprogramms, das mithilfe der Angewandten Mathematik aktuellen Herausforderungen in den Bereichen Energie, Logistik, Natur- und Ingenieurwissenschaften erfolgreich begegnen will. „Neu an diesem Unterfangen ist, dass Bereiche, die bisher getrennt beforscht wurden, erstmals gemeinsam mit ihren vielen Verbindungen untersucht werden. Dazu hat sich ein großes Forschungsnetzwerk mit zwölf europäischen Partnern zusammengetan“, sagt Wiegele. Die Alpen-Adria-Universität ist einer dieser Partner, hier wird unter Wiegeles Ägide eine Doktorandin ausgebildet, die sich gezielt mit der mathematischen Lösung von Logistikproblemen befassen soll.
Und diese gestalten sich immer komplexer: Weltweiter Handel mit Gütern erfordert effiziente Planung, der Anstieg von Flugreisenden macht die Koordination von Starts und Landungen zur Herkulesaufgabe. Aber auch die Verteilung von Energie in weitverzweigten Gas- oder Stromnetzen stellt die Planungsverantwortlichen zusehends vor unlösbare Schwierigkeiten. „Dahinter stecken Optimierungsprobleme, die sehr unterschiedlich sind. In der Mathematik sind wir es gewohnt, Probleme schön nach Kriterien einzuordnen. Hier stoßen wir aber an unsere Grenzen“, sagt Wiegele.
Grundlagenforschung ist also angesagt, und genau die wird im Projekt „Mixed-Integer Non-Linear Optimisation Applications (MINOA)“ europaweit betreiben. Laut Wiegele geht es vor allem darum, neue Methoden für die Berechnung von Problemen zu finden, die sich mathematisch nicht eindeutig genug einordnen lassen, um sie mit vorgefertigten Rechenmethoden, sogenannten Algorithmen, beheben zu können. Eine mögliche Lösung dafür könnte eben in der „semi-definiten Optimierung“ liegen, ein Bereich, den Wiegele schon seit Jahren am Institut für Mathematik an der Alpen-Adria-Universität in Klagenfurt erforscht.
Bis zum Jahr 2022 läuft das Projekt, bis dahin erhofft man sich praktisch anwendbare Ergebnisse. Möglich, dass Fahrpläne von öffentlichen Verkehrsmitteln dann mathematisch so optimiert wurden, dass sie auch wirklich etwas taugen.