Was, wie und zu welchem Zweck der Mensch konsumiert, hat seit dem Aufkommen des Massenkonsums zu weitreichenden gesellschaftlichen und ökologischen Veränderungen geführt. Eine Tagung an der Alpen-Adria-Universität ist der Frage gewidmet, inwiefern Konsum selbst als transformative Kraft genutzt werden kann; eine Frage, die für die Organisatorinnen vor dem Hintergrund großer gesellschaftlicher Umbrüche hochaktuell ist. Am 21. und 22. September 2017 werden sich dazu Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis austauschen.
Vormals stabil scheinende Verhältnisse sind in der Gegenwart im Umbruch: Neue politische Verhältnisse brechen etablierte Strukturen auf, neue (vor allem digitale) Technologien verändern den Alltag, soziale Gefüge strukturieren sich neu und selbst das, was uns ökologisch umgibt, ist im Wandel. Die Organisatorinnen der Tagung stellen dazu fest, dass die zunehmenden Veränderungen „geradezu nach einer Mitgestaltung, im Sinne von change by design not by disaster, verlangen.“ Nachhaltigkeitsforscherin Renate Hübner, Mit-Initiatorin und Organisatorin, führt dazu aus: „Konsum, begriffen als Kaufprozess, prägt das Alltagsverständnis , greift aber zu kurz. Eine Veränderung von Konsum-Mustern im Sinne einer sozial-ökologischen Transformation braucht ein erweitertes Konsumverständnis; eines, das die Vielfalt an Versorgungs-, Nutzungs- und Entsorgungsprozessen auch umfasst. Und es braucht ein Verbraucherbild, das neuen Rollen der Konsumentinnen und Konsumenten im Zuge von Sharingformen, Eigenproduktionen, Gemeinschaftsgärten, Crowd-Lösungen usw. gerecht wird.“ Die rund 40 Expertinnen und Experten, die im Rahmen der Tagung in unterschiedlichen Formaten referieren und diskutieren, fragen sich also: „Welche Bedeutung hat Konsum in der Umbruchsphase zwischen Klimawandel und Digitalisierungsprozessen? Kann Konsum transformative Kraft entfalten und wenn ja, wie? Was transportiert der Konsumbegriff und ist er noch adäquat? Ist es sinnvoll, Konsum auf Kaufprozesse zu reduzieren oder zu erweitern, um auch alternative und neue Konsumformen zu erfassen?“
Das Programm sieht drei Keynotes von international renommierten Expertinnen und Experten vor: Die deutsche Erziehungs- und Sozialwissenschaftlerin Marianne Gronemeyer referiert zur Frage „Können Konsumenten verantworten? Die Illusion der Verantwortlichkeit“. Der österreichische Wirtschaftsforscher und Neoliberalismus-Kritiker Stephan Schulmeister hält einen Vortrag zu „Marktreligiosität, Egoismus, Konkurrenz, Leistung – wie eine Weltanschauung das (Konsum)Verhalten prägt“. Und „Transformationspotenziale von Diskursen über Konsum“ wird der deutsche Konsumsoziologe Jens Hälterlein ausloten. Er glaubt an das transformative Potenzial der Kritik, steht die Kritik am Massenkonsum doch in Zusammenhang mit der neuen Ordnung des Konsums, die auf flexible Spezialisierung und die Ausrichtung des Marketings an kleinteiligen Marktsegmenten setzt: „Galt der fordistische Massenkonsum noch als eine Antwort auf die soziale Frage, die mit der Weltwirtschaftskrise und der kriegsbedingten Mangelwirtschaft eine neue Brisanz erlangt hatte, muss die Entstehung der neuen Ordnung des Konsums in Zusammenhang mit einer Kritik gesehen werden, in deren Mittelpunkt der Konsument als Individuum steht.“