Eines gleich vorweg: Die sogenannte Sonderbetreuungszeit war schon zu Beginn der Pandemie immer nur für Fälle von ganzen oder teilweisen Schulschließungen gedacht. Diesmal sollen Schulen und Kindergärten für die Betreuung von Kindern aber generell offenbleiben, damit ist die Betreuung sichergestellt und folgerichtig gibt es, wie man bei der Arbeiterkammer betont, keinen Anspruch auf Sonderbetreuungszeit. Die Erwartungshaltung berufstätiger Eltern war großteils eine andere, folgerichtig sind Verwirrung und Empörung vielerorts groß, wie Bernadette Pöcheim, Leiterin der Abteilung für Frauen und Gleichbehandlung bei der AK Steiermark, nur bestätigen kann. Was dabei allerdings übersehen wird: Anders als im Frühjahr steht die Kinderbetreuung in Kindergärten und Schulen jetzt, so die allgemeine Verlautbarung, nicht nur oder hauptsächlich Vätern und Müttern in „systemrelevanten“ Berufen zur Verfügung, sondern allen Eltern. Wie gut oder schlecht das in den kommenden Wochen funktionieren wird, ist freilich offen.
Dass einzelne Schulen bzw. Klassen auch in den kommenden Wochen wegen Covid-Fällen innerhalb des Lehrpersonals oder der Kindergruppen schließen müssen, ist außerdem nicht unwahrscheinlich. Und dann wird der Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit jedenfalls schlagend. „Konkret profitieren werden von der neuen Sonderbetreuungszeit außerdem auch Eltern, die ihr Kind aufgrund eines behördlichen Bescheids wegen Coronaverdachts ,absondern‘ müssen“, sagt Pöcheim.
Die wichtigste geplante Verbesserung ist allerdings, dass der Bund zu 100 Prozent die Kosten für die Entgeltfortzahlung des Arbeitnehmers übernimmt. „Dadurch werden Arbeitgeber schon jetzt großzügiger sein, wenn Eltern für die Betreuung ihres Kindes daheim bleiben müssen“, sagt Pöcheim. Der Hintergrund: Bisher schon gab es (zumindest im Ausmaß von einer Woche) einen Rechtsanspruch auf Freistellung gemäß dem Angestelltengesetz, wenn es die Betreuungspflichten eines berufstätigen Elternteils erforderte. Dabei trägt der Arbeitgeber aber voll die Lohnkosten. Fazit: Die Sonderbetreuungszeit ist für Arbeitgeber attraktiver.
Welche Regelung zur Sonderbetreuungszeit gilt aktuell?
Aktuell und damit zu Beginn des sogenannten „zweiten Lockdowns“ ist die Sonderbetreuungszeit „neu“ noch nicht in Kraft, da diese erst im Parlament beschlossen und im Bundesgesetzblatt kundgemacht werden muss. Damit gilt derzeit noch die Sonderbetreuungszeit alt, für die es keinen Rechtsanspruch gibt, man braucht dafür also das Einverständnis des Arbeitgebers, der auch nur 50 Prozent der Lohnkosten vom Bund ersetzt bekommt. Anders gesagt: Sonderbetreuungszeit nach der alten und damit aktuellen Regelung ist für Arbeitgeber relativ teuer und folglich uninteressant. „Mit der Aussicht auf die Sonderbetreuungszeit neu, bei der der Bund rückwirkend ab 1. November die Kosten zur Gänze übernehmen wird, werden die meisten Arbeitgeber derzeit aber wohl eher ihre Zusage geben“, sagt Pöcheim. Ungeachtet eines demnächst tatsächlich gegebenen Rechtsanspruchs auf Sonderbetreuungszeit rät sie allen betroffenen Eltern: „Treffen Sie auf jeden Fall eine schriftliche Vereinbarung mit Ihrem Dienstnehmer, wenn Sie Sonderbetreuungszeit in Anspruch nehmen wollen." Und für alle in der Zeit ab 1. November mit dem Arbeitgeber vereinbarten Sonderbetreuungszeiten nach altem Gesetz gilt: Sie werden in weiterer Folge auf die Sonderbetreuungszeit „neu“ angerechnet.“