Wie sehen die größten Veränderungen im Recruiting, aber auch in der Lehrlingsausbildung allgemein seit der Coronakrise aus?
Aufgrund der Coronakrise fiel das gesamte Recruiting in den Schulen aus. Das ist für uns enorm wichtig, da wir im Zuge, dessen den Schülern die Lehre bei Spar erklären und auch die Benefits aufzeigen können. Ebenfalls haben wir im Juli nochmal einen Schwerpunkt gesetzt unter dem Motto „wir unterstützen unsere Jugend und bieten mehr Lehrstellen denn je“. Dies hat sich dann auch positiv in der Zahl der aufgenommenen Lehrlinge ausgewirkt. Üblicherweise haben wir um die 60 Lehrlinge die jedes Jahr neu starten. Heuer haben über 80 neue Lehrlinge ihre Karriere bei Spar begonnen.
Die Lehrlinge in den Filialen waren eine große Unterstützung, so konnte die Lehrlingsausbildung lückenlos weitergeführt werden. Dennoch mussten einige Lehrlingsprojekte abgesagt werden aber diese werden auf alle Fälle im nächsten Jahr nachgeholt.
Haben Sie auf digitale Lösungen gesetzt?
Der Bewerbungsprozess für eine Lehrstelle beinhaltet auch einen Aufnahmetest. Dieser wurde vor der Krise in der Spar-Zentrale in Graz durchgeführt. Im Zuge der Krise wurde innerhalb kürzester Zeit auf eine Online-Testung umgestellt, sodass die Bewerber auch von Zuhause aus den Test absolvieren konnten. So haben wir versucht ein Zeichen zu setzen, dass wir trotz Krise weiterhin Lehrlinge aufnehmen.
Beeinflussen digitale Lösungen – Bewerbung per Videokonferenz – den Bewerbungsprozess und den so wichtigen ersten Eindruck?
Meiner Meinung nach beeinflussen digitale Lösungen kaum den Bewerbungsprozess. Auch per Videotelefonie kann man einen guten Eindruck vom Bewerber erhalten. Hier ist allerdings anzumerken, dass wir kaum Bewerbungsgespräche per Videotelefonie durchgeführt haben, sondern die Bewerber – natürlich unter Einhaltung der Sicherheitsvorkehrungen – relativ rasch wieder zu Bewerbungsgesprächen eingeladen haben.
Wie wichtig ist der persönliche Kontakt zu Lehrlingen?
Der persönliche Kontakt zu den Lehrlingen ist mir sehr wichtig. Durch Gespräche mit den Jugendlichen erfahre ich vieles. Auch während der Phase des Distance Learning in der Berufsschule habe ich mit einigen Lehrlingen telefonisch Kontakt aufgenommen, um zu fragen, wie es ihnen geht.
Welche Veränderungen haben sich bezahlt gemacht und bleiben? Welche werden wieder verworfen?
Nachdem wir gesehen haben, wie gut die online Absolvierung des Aufnahmetests funktioniert hat, werden wir andenken, den Aufnahmetest weiterhin online durchzuführen.
Haben Sie Vorkehrungen für den Herbst getroffen?
Wir sind im Handel gut vorbereitet, sollte noch eine zweite Welle kommen. Wir geben ja weiterhin gratis Masken an unsere Kunden aus und haben ja auch während des Lockdowns gezeigt, dass die Lieferketten gut funktionieren und wir die Versorgungssicherheit gut aufrechterhalten können.
Sollte es wieder so sein, dass die Lehrlinge in der Berufsschule auf Distance Learning umgestellt werden, haben wir Laptops auf Lager, die wir den Lehrlingen bei Bedarf leihen können.
Sie sind nahe an den Lehrlingen dran: Wie gehen junge Menschen mit der derzeit allgemein vorherrschenden Unsicherheit um?
Für uns waren gerade die Wochen des Lockdowns eine sehr intensive Zeit. Hier haben uns natürlich auch unsere Lehrlinge toll in den Märkten unterstützt und mitgeholfen, dass wir die Versorgungssicherheit gut gewährleisten können.
Die darauffolgenden Wochen waren für manche Lehrlinge geprägt durch Distance Learning in der Berufsschule. Wir haben sie auch mit dem nötigen Equipment unterstützt und Laptops fürs Lernen zur Verfügung gestellt. Auch die LAP fand dann unter Berücksichtigung von speziellen Corona Maßnahmen statt.
Unsere Lehrlinge haben diese herausfordernde Zeit mit Bravour gemeistert. Sie haben auch gesehen, dass sie in einer sicheren Branche arbeiten und trotz Krise weder in Kurzarbeit geschickt noch arbeitslos wurden. Dies war für viele Jugendliche ein sicherer Halt in der turbulenten Zeit.
Stichwort Fachkräftemangel: Denken Sie, dass die Coronakrise, die Suche nach Lehrlingen erleichtern oder erschweren wird?
Wir haben uns bewusst dazu entschieden heuer mehr Lehrlinge neu aufzunehmen. Die Suche nach Lehrlingen hat sich durch die Krise (zeitlich) verschoben, aber wir konnten dennoch mehr aufnehmen, als in den vergangen Jahren. Vermutlich, weil andere Branchen die Aufnahme stark reduziert haben. Außerdem setzen wir auf eine professionelle Lehrlingsausbildung da wir jedes Jahr viele neue Filialen eröffnen und unsere Lehrlinge sind unsere Fachkräfte von morgen.
Denken Sie, dass diese Krise Einfluss auf das allgemeine Image des Lehrberufs haben wird?
Der Stellenwert der Lehre im Lebensmitteleinzelhandel ist durch die Krise definitiv gestiegen. Meiner Meinung nach haben viele Jugendliche durch die Krise erkannt, wie wichtig es ist, einen sicheren Job zu haben. Sehr viele Jugendliche sahen ihren Beruf auch als einen Dienst an der Bevölkerung. Ebenfalls konnten sich die Lehrlinge durch ihre Arbeit sozial engagieren und so die Bevölkerung an vorderster Front unterstützen.
Nun noch eine allgemeine Frage: Haben Sie Tipps für Bewerber? Wie kann man im Bewerbungsprozess punkten?
Durch eine natürliche und authentische Art punktet man am allermeisten in einem Bewerbungsgespräch. Natürlich ist es auch von Vorteil, wenn man sich im Vorfeld bereits mit dem Unternehmen auseinandersetzt und vielleicht einige Fakten zum Unternehmen weiß. Dies kommt immer gut an. Ein weiterer Pluspunkt ist, wenn auch der Bewerber Fragen stellt. Dies ist absolut nicht negativ, sondern zeugt von Interesse.