Supermarktbeschäftigte und Pflegekräfte sind zu Beginn der Coronakrise als Heldinnen gefeiert worden und zählen dennoch zu den Berufsgruppen, die über geringe Bezahlung und Prestige verfügen. 50 Wissenschaftlerinnen, alle Trägerinnen des Käthe-Leichter-Preises für Frauen-, Geschlechterforschung und Gleichstellung in der Arbeitswelt, fordern eine Aufwertung von systemkritischen Berufen und die Umsetzung der Zeitverwendungsstudie. In der Studie sollen Lebensrealitäten abgefragt werden, um Daten zu bezahlter und unbezahlter Arbeit von Frauen und Männern zu bekommen.
"Arbeiterinnen und in systemrelevanten Berufen Tätige dürfen nicht mit Einmalzahlungen abgespeist werden. Die Regierung hat bisher keine oder die falschen Ableitungen getroffen", heißt es am Dienstag in einer Aussendung der Initiatorinnen Traude Kogoj, Ingrid Moritz und Anna Steiger. Die Forscherinnen fordern Aufwertungsstrategien sowie eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Die Coronakrise habe Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern, aber auch zwischen Klassen oder zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund gezeigt. "Unsere Ergebnisse zeigen die Doppel-und Dreifachbelastungen von Frauen im Zuge des Lockdowns, denn offensichtlich haben die zugehörigen Partner nicht gefunden, dass die Hälfte der unbezahlten Arbeit im Haushalt und bei der Kinderbetreuung ihnen gehört. Wir stellen fest, Emanzipation hat nicht so stattgefunden wie wir bisher gedacht haben. Wenn eine Gesellschaft nach mehr Geschlechtergerechtigkeit strebt, dann muss es ganz wesentlich um eine Umverteilung der unbezahlten Arbeit im Privaten gehen", so Katharina Mader, die in ihrer neuesten Studie über genderspezifische Effekte von Covid-19 forschte. "Über 70 Prozent der in systemrelevanten Berufen Tätigen sind Frauen. Ihre Einkommen zählen zu den geringsten in Österreich. In einigen Dienstleistungsbereichen haben sie sich im Vergleich zu 2014 sogar um weitere 7 Prozent verschlechtert", sagte Edeltraud Ranft, Käthe-Leichter-Staatspreisträgerin 1995.
Schon Ende März machte sich unter anderem die deutsche Krankenschwester Nina Magdalena Böhmer Luft. "Euren Applaus könnt ihr auch sonstwohin stecken" schrieb die Berliner Krankenpflegerin auf Facebook und berichtete aus ihrem Arbeitsalltag. "Natürlich gab es auch auf meiner Station schon Patienten mit Coronaverdacht. Anfang der Woche habe ich gelesen, dass das Robert-Koch-Institut empfiehlt, die Quarantäneregelungen für medizinisches Personal zu lockern. Dass wir also arbeiten sollen, auch wenn wir Kontakt zu einem Infizierten hatten. Wir sollen jetzt die Helden sein und werden so behandelt?"