Am Rennrad, im Schnee oder mit einem Pferd auf der Koppel. Diese Team-Firmenfotos sehen nach Freizeit aus. „Die Arbeit soll natürlich Spaß machen. Kraft und Energie schöpft man aber bei Familie und Hobbys“, sagt Klaus Hochreiter, Geschäftsführer der oberösterreichischen Onlinemarketing-Agentur eMagnetix.
Im Oktober 2018 führte der Firmenchef nach einer Testphase mit 34 Stunden unter dem Motto #30sindgenug eine 30-Stunden-Woche bei vollem Gehalt ein. Anlassfall war eine Jobausschreibung im Projektmanagement im Jahr 2015, worauf sich kein einziger Interessent meldete. Im heurigen Sommer flatterten für die gleiche Stelle 75 Bewerbungen ins Haus. „Wir haben den Nerv der Zeit getroffen“, freut sich Hochreiter. „Die Bewerberzahlen sind gestiegen und wir bekommen die Besten der Branche.“ Außerdem würden auch die Kunden von der Mitarbeiterzufriedenheit profitieren, weil die Fluktuation gegen null tendiere. Alternative Arbeitszeitmodelle sind ein aktuelles Thema, nicht zuletzt, um heiß begehrte Fachkräfte für sich zu gewinnen. Der Mate-Teegetränke-Hersteller Makava arbeitet seit 2015 in einer 30-Stunden-Woche.
Die Fahrrad-App-Spezialisten Bike Citizens haben schon 2014 auf eine Vier-Tage-Woche umgestellt. Alternative Arbeitszeitmodelle findet man aber auch in Branchen, in denen man es nicht erwarten würde. So hat der Kärntner Wirt Peter Müller von Müllers Hof in Kraig, inspiriert vom eMagnetix-Beispiel, auf eine 30-Stunden-Woche umgestellt. „Viele fürchten, dass bei einem Job im Tourismus die Familie zu kurz kommt. Es ist die Work-Life-Balance, die jungen Menschen wichtig ist.“
Arbeitsbelastung wird als geringer wahrgenommen
Mittlerweile ist das eMagnetix-Team von 16 auf 30 Personen gewachsen. Darunter auch viele Jungväter – „topqualifizierte Fachkräfte“ – die im Job ihre Leistung bringen, aber trotzdem auch ihre Vaterrolle wahrnehmen wollen. „Die 30-Stunden-Woche bei vollem Gehalt ist unser USP. Damit machen wir auf uns aufmerksam.“ Vor allem auch, um gegen große Marken und Namen zu bestehen. „Der Fachkräftemangel trifft vor allem die Klein- und Mittelunternehmen, die weniger bekannt sind. Man muss sich etwas einfallen lassen, sonst geht man als kleines Unternehmen unter, weil sich die wenigen Fachkräfte auf die großen Firmen verteilen.“