An Wirtschaftsthemen war Bettina Malatschnig schon in der Schulzeit interessiert. Doch in der Handelsakademie fiel der gebürtigen Steirerin auf, dass etwas Wesentliches dabei fehlte - der Mensch.
Sie haben Psychologie in Salzburg studiert - wollten Sie nach der HAK weg aus der Steiermark?
BETTINA MALATSCHNIG: Nicht unbedingt, aber ich habe entschieden, dass mir die Form der Ausbildung in Salzburg mehr bringt. Ich bin am Menschen interessiert, wie er funktioniert, warum er was tut, wie er reagiert - da hat mir in der HAK die Tiefe gefehlt.
Vom Bundesland- zum Länderwechsel - sie waren für Colt Europe ein Jahr in Indien tätig.
MALATSCHNIG: Ich habe Indien als Land mit extremen Kontrasten erlebt. Man steht in einem Shoppingcenter, in dem kein Teil unter 2000 Dollar kostet, geht auf die Straße und steht mitten in der Armut. Das war manchmal nicht leicht zu verarbeiten, aber es war eine sehr charakterbildende Zeit für mich. Vor allem zu erleben, wie Indien gesellschaftlich hierarchisch strukturiert ist. Jammern gibt es nicht wirklich, die Menschen akzeptieren ihr Schicksal.
Welche Unterschiede haben Sie im Arbeitsalltag erlebt?
MALATSCHNIG: Ich habe einmal eine indische Mitarbeiterin beleidigt, weil ich sie gebeten habe, ein Fax abzuschicken. Das ist in Indien tabu. Es gibt eigene Mitarbeiter, Office Boys, die das erledigen. Die Gesellschaft ist auch im Arbeitsbereich viel stärker unterteilt.
Bekommt jemand, der sich bei Ihnen bewirbt, ein dickes Plus, wenn er Auslandserfahrungen mitbringt?
MALATSCHNIG: Im Lebenslauf stehen Fachkenntnisse, die ich als Basisvoraussetzung sehe. Ob jemand der richtige Mitarbeiter ist, hängt davon ab, ob seine Werthaltungen mit denen des Unternehmens übereinstimmen. Und dann kommt dazu, ob jemand Auslandserfahrung hat, das zeugt von Flexibilität, Offenheit gegenüber anderen Kulturen und der Bereitschaft, die eigene Komfortzone auch einmal zu verlassen.
Welche Sprachen setzen Sie voraus?
MALATSCHNIG: Im Hinblick auf eine künftig noch engere internationale Zusammenarbeit ist Englisch Konzernsprache.
Sind derzeit gute Mitarbeiter zu finden?
MALATSCHNIG: Ja. Die passenden Mitarbeiter zu finden ist aber immer eine Herausforderung. Da ist es weniger ausschlaggebend, wie der Markt ausschaut, sondern es hängt vielmehr davon ab, wie attraktiv man als Arbeitgeber ist.
Wie wichtig ist es überhaupt, sich in Hinblick auf die ohnehin zufriedenstellende Mitarbeitersituation auf dem Markt als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren?
MALATSCHNIG: Employer Branding ist wichtig, weil man eine Identifikationsfläche anbietet, um für gute Mitarbeiter attraktiv zu sein. Gerade in turbulenten Zeiten auf dem Arbeitsmarkt bietet ein starker Name Sicherheit. Das ist etwas, worauf die Leute achten.
Hilft Ihnen in punkto Personalwesen das Psychologiestudium heute noch weiter?
MALATSCHNIG: Im Rekrutierungsprozess für Führungskräfte etwa setzen wir eine Testreihe ein. Im Verstehen, was gemessen wird und wie das alles zu bewerten ist, hilft mir mein Studium sehr. Was ich im Studium am intensivsten gelernt habe, ist, zu beobachten und wahrzunehmen, was um mich herum passiert. Das ist in meiner Funktion sehr wichtig - wie ist die Stimmungslage auf beiden Seiten?
Welche Eigenschaft mussten Sie erst lernen? MALATSCHNIG: Tempo rauszunehmen. Wenn ich alleine gehe, ist das ok, aber wenn ich möchte, dass 300 Leute mitgehen, muss ich wahrnehmen, wo die anderen stehen. Das musste ich erst lernen.
Wie wird sich der HR-Bereich künftig weiterentwickeln?
MALATSCHNIG: Der Trend ist, dass durch die zunehmende Internationalisierung und das Einrichten von Shared-Service-Centern Personalagenden, die administrativer Natur sind, auch in diese Richtung gehen. Daher verändert sich die Arbeit vor Ort. Aus meiner Sicht in eine positive Richtung, denn man wird viel mehr zum Businesspartner und ist auch viel mehr aufgefordert, an der Umsetzung der Unternehmensstrategie seinen Beitrag zu leisten.
Interview: Birgit Pichler