Als Barbara Lebernegg vor einem Jahr nach Italien aufbrach, war es für die Schülerin so etwas wie ein Sprung ins kalte Wasser. "Ich konnte kein Wort Italienisch und ging dort ohne Erwartungen hin", sagt die heute 19-Jährige von der Modeschule Graz.
Acht Monate hat sie in der Kleinstadt Este im Veneto verbracht, sie hat dort eine Kunst- und Modeschule besucht, fand schnell Anschluss und konnte letztlich sogar Kostüme nähen. Am Schluss ihres Aufenthaltes wollte sie gar nicht mehr zurück. Deswegen schwärmt sie heute von der Zeit in Norditalien: "Gelernt habe ich extrem viel, fachlich und menschlich. Heute kann ich besser Italienisch als Englisch."
Außerdem habe sie großes Glück gehabt, was das soziale Umfeld betraf: "Meine Gastfamilie war sehr bemüht und nett. Überhaupt wurde ich im Ort gleich aufgenommen." Das Beispiel von Barbara Lebernegg zeigt: Natürlich ist ein Auslands-aufenthalt ein Wagnis – die Entscheidung, mehrere Monate alleine in einer fremden Umgebung mit einer fremden Sprache zu verbringen, ist keine leichte. Aber meistens zahlt sie sich aus.
Einmalige Möglichkeit
Im Alter zwischen 14 und 18 Jahren haben Schüler in Österreich die Möglichkeit, ein Schuljahr, ein Semester oder zwei Monate ins Ausland zu gehen und bei einer Gastfamilie zu leben. Wer mindestens fünf Monate dort bleibt und eine Schule besucht, kann den Aufenthalt anrechnen lassen und kann so in Österreich in die nächsthöhere Klasse aufsteigen beziehungsweise das Schuljahr ohne Prüfungen fortsetzen.
Entsprechend groß ist das Angebot der Austauschorganisationen, die Anbieter unterscheiden sich in Leistungen, Destinationen und Preis, zudem gibt es diverse Möglichkeiten für Förderungen.
Fakten aus der Praxis
"Es ist ein großer Vorteil, die Klasse nicht wiederholen zu müssen. In Deutschland ist das anders", sagt Sandra Kavan. Sie arbeitet für den internationalen Schüleraustausch "YFU". Seit Jahrzehnten bietet die Organisation jungen Menschen die Möglichkeit, im Ausland zur Schule zu gehen. Derzeit hat sie 40 Länder im Programm. In jedem dieser Länder arbeitet sie mit einer Partnerorganisation vor Ort zusammen. 4000 Schülern verschafft YFU pro Jahr Plätze an ausländischen Schulen – das sind allerdings die kumulierten Zahlen aller YFU-Organisationen. Dabei kümmert sich der Austauschdienst um die gesamte Abwicklung. Also Vor- und Nachbereitung, An- und Rückreise, Visum, Versicherung, Betreuung vor Ort und natürlich die Auswahl der Schule und Gastfamilie, die bei YFU nicht bezahlt wird. "Dabei wägen wir ab, welche Familie zu welchem Bewerber passt."
Ab nach Fernost?
Begehrteste Länder? "Sehr viele gehen in die USA", sagt Kavan. Immer beliebter werden aber ausgefallenere Destinationen wie Südkorea oder Mexiko. Wobei sie betont: "Wir vermitteln Jugendliche nur in Gegenden, wo definitiv kein Risiko besteht." Generell rät die Expertin eher zum Jahresprogramm. "Das ist sinnvoller, weil man sich besser einleben kann."
Benefits und Kosten
Die Vorteile eines Austausches liegen laut Kavan auf der Hand: "Man bekommt ein eigenes Bild von einem Land, dessen Kultur man kennenlernt, wo man mit Einheimischen in die Schule geht und in die Gesellschaft integriert wird. Das geht fast nur bei so einem Austausch." Wer sich dafür interessiert, muss aber auch mit entsprechenden Kosten rechnen. Bei YFU etwa beginnt das ganze bei 5600 Euro. "Wir bieten aber auch Stipendien an." Übrigens: Den genauen Ort und die Familie kann man sich nicht aussuchen – man wird zugeteilt.
Der Schüleraustausch hat jedenfalls Barbara Leberneggs Blick in die Zukunft geschärft: "Ich werde nach der Schule wieder nach Italien gehen, dort studieren und arbeiten", sagt die Modeschülerin.