Gleich nach dem Öffnen der Holztür in Zeil 30 in Lavamünd ist ein Zirpen zu hören. "Das sind die männlichen Grillen. Die Frauen singen nicht", weiß Lisa-Marie Schaden, die mit "Larve me" eine neue Insektenwelt in einem früheren Schweinestall erschaffen hat.
Bevor es in Richtung Weichtiere und zur Heuschrecken-Zuchtwand geht, liegen im Eingangsbereich Messer und Schüsseln bereit. "Hier kann jeder das Futter für die Tiere selbst schneiden", sagt Schaden. Gefüttert werden auch gerade die Heuschrecken. "Hier haben wir Babys, mittelgroße und größere Heuschrecken", erklärt Schaden. In der Zwischenzeit haben sie ihr Essen zügig weggefuttert. "So, wie man es eben von Heuschrecken kennt." Ein flinker Hüpfer ist sogar ausgebüxt. "Um diese zu fangen, muss man schnell sein. Das dürfen die Kinder natürlich selbst ausprobieren", sagt Schaden.
Die "im Chor singenden Heimchen", eine Unterart der Steppengrillen, verstecken sich zwischen Eierkartons. Seitlich liegt ihr "Brutkasten". "Hier können die Weibchen mit ihrem Legestachel ihre Eier ablegen", sagt Schaden. Schön anzuschauen ist die über 50 Quadratmeter große lebende Pflanzenwand, die als natürlicher Luft- und Staubfilter dient. Der Zophobas hat aber auch so seine Reize. "Das ist unser größter Larvenvertreter aus Südamerika. Er ist ein begehrtes Futtertier, weil an dem auch wirklich viel dran ist. Theoretisch könnte man den auch essen. Er schmeckt wie Ziege", sagt Schaden, die sich zum Entspannen selbst gerne "ihre Schnecke" auf die Hand legt. Das beruhige sie nämlich enorm.
Ganz gelassen liegen auch die afrikanischen Weißbauchigel in ihrem Quartier. "Beißi" und "Fauchi", so ihr derzeitiger Name, lassen sich auch aufheben – natürlich unter Beobachtung von "Igelmama" Maria Tömel aus Eis bei Ruden. Sie züchtet selbst seit 23 Jahren Insekten und unterstützt Schaden bei ihrem Projekt. Zum Schutz vor den Stacheln werden die Igel mit Handschuhen auf den Schoß gelegt. Und solange sie nicht ihre Abwehrhaltung einnehmen, können sie mit der bloßen Hand sogar sanft gestreichelt werden."Unsere Igel dienen als Putzkolonne und jagen in der Nacht ihre Insektensnacks", sagt Schaden. Sie will auch aufzeigen, dass Igel, wie zurzeit fast ein kleiner Trend, "keine idealen Haustiere sind". "Sie sind sehr anspruchsvoll, laufen pro Tag gerne fünf Kilometer und brauchen als Nahrung wertvolle Insekten."
Insekten verkosten können auch die Besucher. "Aber nur wer sich traut", sagt Schaden mit einem Schmunzeln. Eine Auswahl der Produkte liegen im Eingangsbereich. In Röhrchen abgefüllt sind "Buffalowürmer", die beim Essen an einen Kirchenbesuch erinnern. Sie schmecken nämlich wie Oblaten – nur süßer.
"In einer Schauküche, die noch im Entstehen ist, möchten wir die Verwendung von Insekten als Lebensmittel thematisieren", verrät Schaden. Im Dezember sollen Mehlwürmerkekse zubereitet werden. Am Sortiertisch können diese mit Sieben sortiert werden. Wer möchte, kann auch ordentlich hineingreifen. Zwei Tonnen der Mehlwürmer, das Hauptprodukt von "Larve me", wuseln in der obersten und nicht zugänglichen Etage herum. "Unser Ziel ist, dass die Besucher eine positive Assoziation zu den Insekten bekommen. Dass sie sehen, dass das Image der Biene auch auf andere Insekten umgelegt werden kann", sagt Schaden.
"Als Aufpasser" dürfen die eigenen Hunde mitgenommen werden. Beim Eingang gibt es eine "Tankstelle" und Insekten-Leckerlis. Im Social-Media-Bereich kann sich jeder mit den Insekten gut in Szene setzen. Für Handys steht eine Ladestation bereit.
Im Laufe des nächsten Jahres soll Schadens Herzensprojekt komplett fertiggestellt sein. Mehr als 120.000 Euro wurden investiert. Geöffnet hat "Larve me – Die Welt der Insekten" derzeit von Montag bis Freitag von 9 bis 14 Uhr. Mittels QR-Codes erhalten die Besucher Informationen zu den Insekten. Den Sprechtext für die Kinder, die übrigens beim Eingang eine Experimentierbox mit Lupe erhalten, wird Schadens vierjährige Tochter einsprechen. Sie ist nämlich selbst schon eine kleine Insektenexpertin.