Wenn man mit Valentin Wutte an einem Tisch sitzt und sich unterhält, merkt man nicht, das den 78-Jährigen seit Jahrzehnten eine lange Krankengeschichte begleitet. Der geborene Rosentaler, der seit 1976 in Wildenstein in der Gemeinde Gallizien lebt, leidet an Multipler Sklerose. Sein Weg bis zur endgültigen Diagnose war steinig. "Das erste Mal merkte ich 1975 beim Skifahren, dass etwas nicht stimmt. Ich bekam plötzlich heftige Schmerzen im rechten Bein, die aber am nächsten Tag wieder weg waren", erinnert sich der gelernte Maurer. Er schob den Vorfall auf die Buckelpiste, auf der er unterwegs war, und dachte nicht weiter darüber nach.
Als Polier leitete er viele Baustellen, Anfang der 1980er-Jahre baute er Terrassenwohnungen in Pörtschach. "Da merkte ich immer öfter, dass ich auf der Baustelle stolperte oder mir Dinge aus der Hand fielen. Es war immer meine rechte Körperhälfte betroffen, neben Hand und Fuß auch das Auge, ich sah langsam immer schlechter", erklärt Wutte. Die Jahre vergingen und die Schmerzen kamen und gingen, doch kein Arzt konnte ihm helfen, bis er schließlich von einem Orthopäden ins damalige LKH Klagenfurt überwiesen wurde. Dort stellte man dann die richtige Diagnose – das war im Jahr 1998.
Wuttes bereits verstorbener Bruder Josef litt ebenfalls an Multipler Sklerose: "Die Krankheit ist nicht erblich und nicht ansteckend, also habe ich mir anfangs nicht vorstellen können, dass es auch mich treffen könnte." Nach der Diagnose war Wutte teilweise sogar erleichtert, dass seine Beschwerden endlich einen Namen hatten. Doch das Schicksal schlug noch ein weiteres Mal zu und wenige Jahre später erkrankte er an Blasen- und Protastakrebs, was eine Entfernung der beiden Organe zur Folge hatte. Seitdem lebt Wutte zusätzlich mit einem Urostoma, einem künstlichen Blasenausgang. "Ich wollte nicht wie mein Bruder zu einem Pflegefall werden und mir das Urostoma selbst wechseln können, also beschloss ich, alles zu tun, um möglichst fit zu bleiben", sagt Wutte.
"Nahrung ist Medizin"
Er stellte seine Ernährung um auf viel Gemüse, Kräuter und wenig Fleisch. Er nimmt täglich Leinöl zu sich und trinkt morgens Wasser vermischt mit Honig und Essig. Dazu kommen tägliche Gymnastikübungen vor dem Aufstehen im Bett und tagsüber Training am Hometrainer sowie eine grundsätzlich positive Lebenseinstellung. "Nahrung ist Medizin. Jeder hat seine Gesundheit selbst in der Hand und man muss mehr tun, als die Schulmedizin vorschreibt", ist Wutte überzeugt. So ist er stolz darauf, dass er täglich nur eine Tablette schlucken muss.
Selbsthilfegruppe trifft sich monatlich
Außerdem fährt Wutte auch heute noch Auto: "Mein befristeter Führerschein wurde gerade wieder für drei Jahre verlängert." Zu Hause ist er abwechselnd mit Rollstuhl oder Rollator unterwegs, Hilfe bekommt er von seinen Kindern und Schwiegerkindern, ein Sohn lebt im oberen Stockwerk des Hauses. Wutte empfängt aber nicht nur Hilfe, er bietet sie auch an. 2005 gründete er eine Selbsthilfegruppe für Multiple Sklerose, die sich jeden letzten Donnerstag im Monat um 13 Uhr im Café Lisi in Hart (Gemeinde Eberndorf) trifft. Aktuell treffen sich etwa sieben Betroffene regelmäßig. "Neue Interessenten sind jederzeit willkommen", sagt Wutte.
Während der Pensionist gerne am öffentlichen Leben teilnimmt und etwa in Gallizien im Café sitzt, um Neuigkeiten zu erfahren, weiß er, dass sich viele Multiple Sklerose-Patienten zurückziehen. "Wenn man von unserer Krankheit nichts weiß, und dann zum Beispiel sieht, dass jemand im Gasthaus ein Bier trinkt und dann beim Aufstehen und Gehen unsicher ist, wird gleich geredet, dass man betrunken ist. Das stimmt aber nicht, Multiple Sklerose bedingt einen wackeligen Gang", mahnt Wutte vor vorschnellen Urteilen.