Vor mittlerweile genau einem Jahrhundert öffnete das Gasthaus neben der Pfarrkirche in Kühnsdorf in der Marktgemeinde Eberndorf/Dobrla vas das erste Mal seine Pforten. Peter Obersteiner, der Großvater der jetzigen Inhaberin Claudia Jessernig (58), hat es gegründet. Von 1963 bis 1988 führte es Jessernigs Mutter, Erika Leschnig, damals noch mit einer angeschlossenen kleinen Landwirtschaft mit ihrem Gatten Franz weiter. Danach übernahm die Enkelin des Gründers vor nunmehr über 35 Jahren den 100 Jahre alten Familienbetrieb in dritter Generation, wofür sie kürzlich aus den Händen von Bezirksobmann Rudolf Bredschneider eine Ehrenurkunde der Wirtschaftskammer überreicht bekam.
„Früher war unser Gasthaus am Sonntag nach den Messen immer voll“, erzählt Jessernig, die die Hotelfachschule in Villach absolviert hat. Damals hatte das Gasthaus „Kirchenwirt Obersteiner“ auch noch täglich geöffnet, seit rund zwei Jahrzehnten gibt es einen Ruhetag. Seitdem hat der auf österreichische und Kärntner Küche spezialisierte Gastronomiebetrieb bis auf Dienstag jeden Tag von 9 bis 24 Uhr geöffnet. „Unser Gasthaus dient auch einigen Vereinen als Vereinslokal, darunter ein Gemischter Chor, ein Modellflugclub oder ein Kleintierzuchtverein“, berichtet die Mutter zweier Söhne im Alter von 24 und 28 Jahren.
Charme erhalten
Die Gaststube mit 30 Sitzplätzen blieb seit Anfang der 1970er-Jahre baulich nahezu unverändert. „Es wurde bewusst nichts verändert, damit der alte Charme erhalten bleibt“, sagt Jessernigs Gatte Wolfgang, der neben seinem Hauptberuf als Angestellter bei der „Kelag“ im Gasthaus mithilft. Erneuert wurden im Jahr 2013 hingegen die Küche und die Toiletten. „Seit 2019 haben wir eine Photovoltaikanlage, die zugleich die Überdachung unseres Gastgartens ist. Dort finden 60 Gäste Platz“, erzählt die Wirtin. Für Taufen, Erstkommunionfeiern, Geburtstage oder Totenmahle gebe es noch einen von der Gaststube abgetrennten Saal für 30 Gäste. Abgerissen wurde Anfang der 1990er-Jahre der frühere Tanzsaal im Hof, der zu diesem Zeitpunkt nicht mehr wirklich genutzt worden sei.
In der Gastronomie das Auslangen zu finden sei über die Jahrzehnte immer schwieriger geworden. Wohl auch wegen der niedrigeren Promillegrenzen im Straßenverkehr sei es im Laufe der Zeit zu Veränderungen beim Umsatz gekommen. „Der Umsatz hat sich von den alkoholischen hin zu den alkoholfreien Getränken verschoben. 80 Prozent der bestellten Getränke sind heute alkoholfrei“, weiß Wolfgang Jessernig. Deutlich spürbar sei auch die rückläufige Zahl der Kirchenbesucher, die früher an den Sonntagen nach dem Gottesdienst noch beim Gasthaus ums Eck eingekehrt waren.
Abholen von Speisen
Eine weitere Zäsur in der langjährigen Geschichte des Gasthauses stellt die Corona-Pandemie dar. „Seit damals ist eindeutig weniger los“, gibt die Wirtin zu bedenken. Dafür erfreue sich das Abholen von Speisen – sonntags werden immer zwei verschiedene Menüs ausgekocht – größerer Beliebtheit.
Was eine bei den Gästen geschätzte Wirtin ihrer Meinung nach auszeichnet? „Sie muss freundlich und authentisch sein und zuhören können“, sind sich beide einig. Ob einer ihrer Söhne das Gasthaus mit der langen Geschichte irgendwann in vierter Generation weiterführen werde, sei noch nicht klar.