Mit dem Vorschlaghammer die Mauern der Schule zertrümmern? Diesen Gedanken hat vielleicht der eine oder andere während seiner Schulzeit aus Ärger über schlechte Noten oder strenge Lehrer im Geheimen gehegt. Bei der „Abrissparty“ im Alpen-Adria-Gymnasium in Völkermarkt bot sich Absolventen am 21. Juni ganz offiziell die einmalige Gelegenheit, im Kellerraum ihrer alten Schule nach Herzenslust zu bohren, hämmern oder schremmen.
Das Gymnasium wird bekanntlich knapp 50 Jahre nach seiner Eröffnung in der Johann-Heinrich-Pestalozzistraße 1 Mitte Juli abgerissen, um am bestehenden Standort als Bildungscampus mit der Handelsakademie um rund 45 Millionen Euro neu gebaut zu werden. „Vom kleinen Handmeißel bis zum großen Vorschlaghammer gibt es eine breite Palette an Werkzeugen, die uns dankenswerterweise eine Firma zur Verfügung gestellt hat“, berichtete Lehrer Alexander Schütz, der mit seiner Kollegin Christina Gönitzer-Tammerl die „Baustelle“ im als Luftschutzraum konzipierten Keller betreute. Eingehalten werden mussten selbstverständlich sämtliche Sicherheitsvorkehrungen – wie das Tragen eines Schutzhelmes, einer Schutzbrille und eines Gehörschutzes. „Es war cool, einmal in der Schule zu randalieren“, meinten die Absolventinnen Katharina Grilz und Elena Schreiber. Die beiden, die erst im Vorjahr ihre Reifeprüfung abgelegt haben, bohrten im Keller eifrig Löcher in die Wand.
Andere wiederum nahmen ein Erinnerungsstück mit nach Hause. „Meine Tochter Emma geht in die erste Klasse. Da sie nicht zur Abrissparty mitkommen konnte, bat sie mich, einen Stein aus der Wand als Souvenir mitzubringen“, erzählte Andreas Jerlich aus Eisenkappel-Vellach/Železna Kapla-Bela. Wie es der Zufall so wollte, fand der Gojer-Angestellte mit seinem Schulkollegen Bernhard Lamprecht, dem Geschäftsführer des Klagenfurter Lakeside Parks, beide Maturajahrgang 1990, einen Schriftzug mit dem Namen „Emma“ an der Kellermauer, den sie herausschremmten.
Der Lavanttaler Karl-Heinz Schober unterrichtete von 1981 bis 2021 vier Jahrzehnte lang Bildnerische Erziehung am Alpen-Adria-Gymnasium. „Sehr viele dieser Wandgemälde im Keller entstanden in meinem Unterricht. Deshalb habe ich gedacht, dass ich persönlich eines davon beseitigen muss, bevor die große Birne kommt und es vernichtet“, erzählte Schober mit einem Lächeln im Gesicht.
Zwischen Wehmut und Aufbruch
Wie die originelle Idee der „Abrissparty“ überhaupt geboren wurde? „Einer unserer Lehrer, ein Quereinsteiger, der Mediendesigner ist, schlug vor, die Veranstaltung Abrissparty zu nennen. Dazu brauchten wir dann aber einen Aufhänger, weshalb wir uns dazu entschieden, einen kleinen Bereich zum Stemmen oder Bohren zur Verfügung zu stellen“, sagte Direktorin Elvira Steindorfer. Absolventen konnten im Vorfeld aber auch die 28 Klassenräume reservieren, um sich noch einmal mit ihrem Jahrgang zu treffen. „Die waren in kürzester Zeit alle weg“, berichtete sie. Die nunmehrige Leiterin des Bundesschulclusters mit der Praxis-HAK hat selbst 1988 am Alpen-Adria-Gymnasium maturiert. „Wir freuen uns auf das neue Kapitel, aber dennoch ist es etwas Denkwürdiges. Ich glaube, in Kärnten gab es das noch nie, dass eine Schule in dieser Größenordnung komplett abgerissen und neu gebaut wird“, so die Direktorin.
Neben ehemaligen Schülern und Lehrern traf man bei der „Abrissparty“ auch frühere Mitarbeiter der allgemein bildenden höheren Schule an. „Ich bin jeden Morgen sehr gerne in die Arbeit gegangen“, erinnerte sich die Völkermarkterin Hildegard Pukl, die von 1978 bis 2003 im Sekretariat beschäftigt war. Ebenso wie ihre damalige Arbeitskollegin Johanna Jammer aus Eisenkappel-Vellach bedauere sie den Abriss „ihrer Schule“, wenngleich sie auch beide der Meinung seien, dass sich „etwas ändern“ müsse.
Generell bewege sich die Stimmung in der Bezirkshauptstadt zwischen Wehmut und Aufbruch, wie auch Völkermarkts Vizebürgermeister Peter Wedenig (SPÖ) bestätigte. „Für Völkermarkt als Bildungsstandort entsteht mit dem neuen modernen Bildungscampus nicht nur für die Stadt, sondern über die Gemeindegrenze hinaus ein Leuchtturmprojekt, weshalb für mich die Aufbruchsstimmung überwiegt“, sagte Wedenig, der 1987 „nur 50 Meter östlich“ an der Handelsakademie in Völkermarkt die Reifeprüfung abgelegt hat. Während des Abrisses beziehungsweise der Neuerrichtung werden die Gymnasiasten zwei Jahre lang in ein Ausweichquartier am ehemaligen „Gummiparkplatz“ ziehen, das aus rund 370 Containern besteht.
Musikalisch leitete die Band „Caparo“ mit Pink Floyds „Another Brick in the Wall“ den kurzen offiziellen Teil des Abends ein. Xenia Wulz und Raimund Grilc moderierten die „Stunde der Absolventen“. Danach gab auch noch Austro-Popper Peter Karpf ein Gastspiel in seiner ehemaligen Schule. Bei DJ-Klängen von Christian Planteu wurde noch ausgelassen bis nach Mitternacht gefeiert.