Erst in der vergangenen Woche eröffneten in der Villacher Lederergasse zwei neue Unternehmen. Das „Biramik“, ein Keramikgeschäft und -atelier, und „Die Genießerei“, ein Tagescafé. Die Unternehmer sind im Straßenzug, der einst primär als wilde Partymeile bekannt war, in guter Gesellschaft. Wenngleich eine Vielzahl der Geschäftsleute über eine geringe Frequenz klagt, haben sich immer mehr Unternehmer für die Gasse entschieden.
Bunter Branchenmix
Seit fast zehn Jahren ist zum Beispiel Doris Scheriau mit ihrem Kinderspielzeuggeschäft „Kidway“ in der Gasse ansässig, das griechische Restaurant „Delphi“ hält sich seit 26 Jahren. Neben den, mittlerweile nur noch fünf Abend- und Nachtlokalen gibt es auch ein Stadthotel, dessen bunte, neugestaltete Fassade schon von weitem ins Auge sticht und vom Graffiti-Künstler Nino „Grime“ Weld gestaltet wurde.
Mit einem Tattoostudio, einem Hundefrisör, einem Massage- und Kosmetikinstitut, einer international tätigen Ledermanufaktur, einer Agentur für Markenaufbau, Texte und Webseiten, einem Frisörladen, einem Verein, der nicht nur wöchentlicher Freispielort ist, sondern auch verschiedene Workshops anbietet, einem Gemeinwohl-Laden, dem Kulturhof:Villach, einem Co-Working-Space, einer Pizzeria, einem Lokal, dass sich auf Knödel spezialisiert hat und einem Speiselokal rund um Kebap, Schawarma und Wraps ist ein interessanter Branchenmix entstanden, dessen Potenzial auch von anderen Unternehmern gesehen wird. Seit einigen Jahren etablieren sich immer mehr Geschäftsleute in der Gasse, die mit dem schlechten Image der Partymeile aufräumen wollen und sich gleichzeitig aber mehr Belebung wünschen.
„Die Leute verbinden mit der Lederergasse Dinge, die nicht mehr zeitgemäß sind und waren seit Jahren nicht mehr in der Gasse. Sie kennen die Entwicklung gar nicht, reden aber schlecht“, sagt Alex Venetikidis, die im hinteren Bereich des Geschäftslokals von Michael Neller ihre Branding-Agentur betreibt. Auch Doris Scheriau vom Spielzeugladen „Kidway“ versteht nicht, weshalb sich das negative Image so stark hält. Im nächsten Jahr ist sie seit zehn Jahren am Standort, hat sich im vergangenen Jahr sogar vergrößert.
Die ansässigen Unternehmer nehmen das Stadtmarketing in die Pflicht. Alles würde sich auf den Hauptplatz, kaum etwas auf den Rest der Stadt konzentrieren. "Die interessanten Artisten und Straßenkünstler findet man nicht in der Lederergasse", sagt etwa Michael Neller, auch bekannt als Sir Leder Michel.
Stadtmarketing-Chef Pierre Bechler will den Fokus ausdehnen. Nicht immer müsse sich alles um die Achse Hauptplatz drehen. Bereits in wenigen Wochen würde das Sommerprogramm für 2024 geplant werden, man dürfe sich auf Neuerungen freuen – auch für den Adventmarkt. In puncto Lederergasse zeigt er sich erfreut über den laufenden Verbesserungs- und Entwicklungsprozess und betont, dass das Stadtmarketing jeden Unternehmer, ob neu oder alteingesessen, bei der Entwicklung neuer Ideen gerne unterstützt.
Kriminalität gesunken
Gute Nachrichten kommen von der Exekutive. Stadtpolizeikommandant Erich Londer: "Die Gasse ist keine Problemgasse mehr, die Symbiose aus Nachtlokalen und Geschäften gut", sagt er. Seit vielen Jahren wird die Lederergasse videoüberwacht, dies habe absolut dazu beigesteuert, sie zu beruhigen.
Trotz alledem gibt es in der Lederergasse noch viele Leerstände. Die Mieten seien laut der ansässigen Unternehmen nicht das Problem. "Viele der Räumlichkeiten sind alt, die Fassaden werden von den Eigentümern teilweise nicht instand gehalten, es gibt Probleme mit Schimmel, wenn in den Wintermonaten in den leerstehenden Flächen nicht geheizt wird", erzählt einer der Geschäftstreibenden.
Der Verein Lederergasse, der sich 2010 aus Liegenschaftseigentümern gewerblicher und privater Flächen organisiert hat, war für eine Stellungnahme leider nicht erreichbar.