Wie viel Brauchtum steckt tatsächlich noch im Villacher Kirchtag? Wenige Wochen vor der 77. Auflage des größten Volksfestes in Österreich lässt der Villacher ÖVP-Stadtrat Christian Pober eine Debatte darum aufkeimen. Der Kommunalpolitiker übt laute Kritik an der Entwicklung "hin zu Party und weg von Tradition": "Der Villacher Kirchtag muss ein Kirchtag bleiben! Mit großer Sorge werden viele Villacherinnen und Villacher Zeugen einer Entwicklung, die nun ihren Höhe- beziehungsweise Tiefpunkt erreicht hat", beginnt er auf Facebook seine harsche Kritik an der Entwicklung des größten Brauchtumsfestes Österreichs.
Ausschlaggebend für die Unzufriedenheit ist allen voran die musikalische Umrahmung der Festwoche. Die Zusammenstellung der Bands weiche zunehmend von Volksmusik ab, Schlager und Partybands würden zunehmen. Für heuer hat die Stadt Villach mit "voXXclub" auch eine Überraschungsband fixiert, die mit traditioneller Volksmusik nichts zu tun hat. Der erste eigene Kirchtagssong geht zudem in die moderne Richtung.
"Ich fordere die SPÖ auf, zu handeln"
"Unser Kirchtag, der immer als Österreichs größtes Brauchtumsfest galt, wird zu einem billigen, austauschbaren Event. Boybands und Schlager statt echter Volksmusik – das ist kein Kirchtag mehr", kritisiert Pober. Der Politiker fordert die Mehrheitspartei SPÖ auf, "wieder an der Qualität zu schrauben" und traditionelle Elemente in die Festwoche zu integrieren. "Es gibt seit 2014 ein Villacher Kirchtagslied, geschrieben vom bekannten Kärntner Liederkomponisten und Sänger Albert Strießnig. Ebenso gibt es einen Villacher Kirchtagsmarsch aus der Feder von Franz Posch, gewidmet dem langjährigen Kirchtagsobmann und innovativen Qualitätshüter Richard Pfeiler und seinem musikalischen, leider viel zu früh verstorbenen Mitstreiter Hermann Ortner", bringt Pober Ideen. Auch eine Kirchtagssuppenverkostung will der Stadtrat zurück, Kosten für das Fest sollen zudem offengelegt werden.
"Wir waren noch nie so breit aufgestellt"
Kirchtagsobfrau Vizebürgermeisterin Gerda Sandriesser (SPÖ) zeigt sich von der Kritik "bitter enttäuscht". "Der Kirchtag ist das erfolgreichste Brauchtumsfest, es ist eine Schweinerei, uns das madig zu machen. Mit großer Verwunderung hinterfrage ich auch die Kommunikation innerhalb der ÖVP, denn Klubobmann Christian Struger sitzt im Kirchtagsbeirat und hat dem Programm freudig zugestimmt", sagt sie mit Verweis auf ein breites Programm. Kirchtagsorganisator Johann Presslinger führt aus: "Ich möchte aber betonen, dass wir am Hauptplatz an die 100 Stunden unplugged Volksmusik bieten werden. Das ist ein Vielfaches dessen, was wir an Schlager oder Partymusik bieten", sagt er. Es ginge um die Vielfalt und darum, alle Bedürfnisse abzudecken.
Dass die Stadt beim eigenen Kirchtagssong von Volksmusik abweicht, begründet er wie folgt: "Wir haben hier mit Sepp Adlmann einen Profi an unserer Seite, er ist Promoter von Andreas Gabalier und weiß, was gefragt ist. Dieses Lied ist, wie jedes, Geschmacksache, aber es ist gut gemacht und wird in vielen verschiedenen Versionen gespielt werden", sagt er.
Zu Wort meldete sich auch die FPÖ: "Der Villacher Kirchtag ist Tradition und ein Stück Lebensgefühl", sagt Klubobfrau Katrin Nießner. Hinter einer Veranstaltung in dieser Größenordnung würden Monate an Planung, Zeitaufwand und Einsatz stecken, die Organisatoren könnten zu Recht stolz auf das Ergebnis sein.