Das 30- bis 100-jährliche Hochwasser, das derzeit ganz Kärnten erschüttert und beschäftigt, weckt gerade in Villach schlimme Erinnerungen. Man schrieb den 19. August im Jahr 1966, als die Stadt in den Fluten der Drau versank. Der Fluss mit unglaublichen 6,95 Metern den höchsten Pegelstand des Jahrhunderts und überflutete einen großen Teil des Stadtgebietes. Pro Sekunde flossen zwei Millionen Liter Wasser durch die Stadt. Es war das schlimmste Hochwasser der jüngeren Geschichte. Schon im Jahr 1965 hatte eine Überschwemmung große Schäden angerichtet.
Im Sommer 1966 sollte es noch schlimmer kommen: „Seit Montag, dem 15. August toben Unwetter über ganz Europa“ berichtete die Kleine Zeitung. Über Kärnten hatte der Himmel tagelang seine Schleusen geöffnet. Zuerst traf es Oberkärnten: Fast alle Straßen und Bahnlinien waren unpassierbar und viele Brücken weggerissen. In Fresach wurde ein Mann in seinem Haus von den Wassermassen überrascht und getötet.
In Villach ahnte man schon Schlimmes: Die Bewohner der niedrig gelegenen Stadtteile versuchten, ihr Hab und Gut so weit wie möglich in Sicherheit zu bringen. Aber was dann auf sie zukam, übertraf die ärgsten Befürchtungen: Schon in der Nacht auf Donnerstag quollen die zurückgestauten Abwässer aus den Kanälen, der Pegelstand erhöhte sich von Stunde zu Stunde bis er am Freitag beinahe bis zu diesem Tag unvorstellbare sieben Meter erreichte. In der Innenstadt, aber auch in den Auen und der Perau standen die Häuser unter Wasser und unzählige Bewohner mussten von der Feuerwehr mit Booten gerettet werden. Zudem hielten 14 Hubschrauber von Bundesheer und dem Innenministerium die Verbindungen aufrecht und versorgten die Bevölkerung.
Im Rathaus stand man vor einer schweren Entscheidung: Sollte man – wie von einigen Fachleuten gefordert – die neue Draubrücke sprengen, bevor sie vom Hochwasser weggerissen wird? Die Fluten erreichten fast die Fahrbahn. Der spätere und mittlerweile verstorbene Bürgermeister Jakob Mörtl war damals Baustadtrat. Er erzählte: „Um zu einer Entscheidung zu kommen, war es notwendig, das stählerne Tragwerk von innen zu inspizieren und da musste ich wohl mit. Diese bangen Minuten werde ich nicht vergessen. Was die Flut mitgerissen hatte, donnerte ohrenbetäubend an die Wände und ich fragte mich: Werde ich da lebend hinaus kommen? Die Techniker entschieden: Die Brücke wird halten – und so war es letztlich auch.“
Gernot Rader