Die 34-jährige Karina* war 2018 zum ersten Mal schwanger. Die ersten Wochen und Monate verliefen ganz normal, sie und ihr Partner waren voller Vorfreude und alle Untersuchungen unauffällig. In der 23. Schwangerschaftswoche wurde die junge Frau plötzlich mit leichten Blutungen ins Krankenhaus eingeliefert, wo es dann trotz Intervention zum Blasensprung kam. Der kleine Leon kam mit 595 Gramm und einer Größe von 28,5 Zentimetern auf die Welt. Er kämpfte sich durch die ersten Tage nach der Geburt und überstand sogar eine lebensnotwendige Operation am Dünndarm. Doch dann bekamen seine Eltern einen Anruf mit der unvorstellbaren Nachricht, dass sie sich von ihrem Kind für immer verabschieden müssen. „Ab dann haben wir einfach nur noch funktioniert“, erzählt Leons Mutter heute.

Das junge Paar verlor trotz seiner Geschichte nicht den Mut und entschied sich nach einer Phase des Trauerns und Verarbeitens für eine weitere Schwangerschaft. Auch ihr zweites Baby kam als Sternenkind zur Welt. Tobias wurde in der 21. Schwangerschaftswoche mit einem Gewicht von 528 Gramm und einer Größe von 30 Zentimetern still geboren. Bei diesem unbeschreiblichen Verlust standen gute Freundinnen und Freunde den verwaisten Eltern bei. Der würdevolle Umgang im Krankenhaus und eine Nottaufe durch einen sehr einfühlsamen Pfarrer halfen der Familie beim Heilen.

Die Weissensteinerin Anita Ogris-Lipitsch ist selbst zweifach betroffen und begann als Teil ihres Aufarbeitungsprozesses ihr Engagement für Sternenkinder
Die Weissensteinerin Anita Ogris-Lipitsch ist selbst zweifach betroffen und begann als Teil ihres Aufarbeitungsprozesses ihr Engagement für Sternenkinder © Hannes Pacheiner

Die Weissensteinerin Anita Ogris-Lipitsch, stellvertretende Obfrau des Kärntner Vereins Wandelstern, der ehrenamtlich psychologische Begleitung und Beratung bei Kindsverlust anbietet, erzählt, dass der Verein auf ein sehr intensives Jahr zurückblickt: „Wir haben heuer bereits fast 1400 Stunden geleistet. Schon im Sommer haben wir die Schwelle des letzten Jahres erreicht.“ Dies liegt vor allem daran, dass sich die Informiertheit der Menschen geändert hat. „Das Thema Kindsverlust ist in der öffentlichen Wahrnehmung präsenter, die Gesellschaft ändert sich und Ängste und Barrieren darüber zu reden, werden immer mehr abgebaut.“

Ogris-Lipitsch erzählt, dass das Thema Kindsverlust in unserer Gesellschaft lange keinen Platz hatte: „Frauen mussten sofort wieder für Reproduktion zur Verfügung stehen. Das Thema war immer da, aber die Gesellschaft wollte es nicht wahrhaben, immerhin kommt es dadurch auch zur Berührung mit der eigenen Vergänglichkeit.“

Angebote in Villach

Für betroffene Familien aus Villach gibt es mittlerweile immer mehr Anlaufstellen und Orte, die zum Trauern und Gedenken einladen. So stehen beispielsweise in Villach am Zentralfriedhof und in Arnoldstein vor der Klosterruine „Johns Sternenbänke“. Sie sind Orte der Ruhe und Besinnung, sollen aber auch praktische Unterstützung bieten - auf ihnen findet sich ein QR-Code, der zu einer Landkarte führt, auf der Unterstützungsangebote aufgelistet sind. Im LKH Villach sind alle Hebammen bemüht, betroffene Familien zu begleiten und es gibt die Möglichkeit, eine eigene Sternenkinderfotografin kommen zu lassen, um schöne Abschieds- und Erinnerungsfotos zu erhalten. Die „Plattform für verwaiste Eltern“ organisiert in Villach regelmäßig Nähnachmittage für Sternenkinder.

„Es ist so wichtig, dass auch Sternenkinder-Eltern nicht den Mut verlieren“, ist die zweifache Sternenkind-Mama Karina überzeugt. Sie und ihr Partner haben nun ein gesundes „Regenbogenkind“.

*Der vollständiger Name ist der Redaktion bekannt.

Videoreportage: Sternenkinder und unerfüllter Kinderwunsch