Seit mehr als fünf Jahren gibt es im Villacher Stadtkern keinen Nahversorger mehr. Der Ruf nach einem Lebensmittelgeschäft am Hauptplatz ist seither laut. Mit den Schließungen der Billa-Filiale 2016 und des „S‘frisches Eck“ 2018 sind die einzigen Einkaufsmöglichkeiten für Lebensmittel am und um den Villacher Hauptplatz gegangen. Für große Ketten scheinen Stadtkerne wegen fehlender Parkmöglichkeiten für Großeinkäufe keine gute Option mehr zu sein und so begann die lange Suche nach einem Nachfolger.
Die Billa-Filiale am Hauptplatz wurde Ende Juni 2016 geschlossen. Der Hauseigentümer, Hartwig Warmuth, wurde damals von verschiedenen Seiten kritisiert, da er das Haus „vernachlässigt“ und jegliche Unterstützung für den Lebensmittel-Konzern verweigert hätte. Er selbst gab an, dass die Innenstadt „heruntergekommen“ und er froh sei, wenn er das Haus „loswerde“. Die Gründe für die Schließung variierten, aber der Rewe-Konzern bestätigt, dass hohe Investitionen nötig gewesen wären, um die Filiale auf den aktuellen Stand zu bringen.
Im September 2017 dann die guten Neuigkeiten: Mit dem „S’Frische Eck“ in den ehemaligen Plessin-Räumen am Standesamtsplatz in Villach eröffnete wieder ein Nahversorger. Geschäftsführerin Angelika Mayer legte Wert auf Regionalität und bot eine Vielzahl von Kärntner Produkten an. Das Sortiment umfasste laut ihren Angaben rund 2000 Artikel, darunter auch Katzenfutter, Babywindeln und WC-Papier. Doch nach nicht einmal einem Jahr Betriebszeit kam die Ernüchterung. Der bis dato einzige Nahversorger in der Villacher Innenstadt schloss wieder. Mayer gab gesundheitliche Probleme als Grund für die Schließung an, in der Stadt standen Produktpalette und Preise in der Kritik. Jedenfalls blieb damit die Interspar-Filiale in der Ringmauergasse sowie die Billa-Filiale in der Nikolaigasse als Geschäfte im Umfeld. Für die Mittagspause war und ist der Weg zu ihnen vielen Arbeitenden aber zu lange.
Nahversorger wieder am Hauptplatz
Mit dem Frühjahr soll er kürzer werden. Der Villacher Unternehmer und „Hauptplatz 17-Gastronom“, Ralph Koschier, möchte in den ehemaligen Geschäftsräumen des insolventen und geschlossenen Modegeschäfts „Moustache“ am Hauptplatz 11 einen Adeg-Markt eröffnen. Am Erfolg zweifelt er nicht, zu gering wäre das Angebot. „Es muss ein Nahversorger her, die nächsten Einkaufsmöglichkeiten sind vom Hauptplatz zu weit weg. Ich kenne das Problem selbst: Man braucht schnell Milch oder eine andere Kleinigkeit und dafür muss man dann weit laufen“, sagt er weiter. Koschier erhält in sozialen Medien großen Zuspruch für sein Vorhaben und auch Vertreter der Stadt begrüßen den Schritt. „Ein Nahversorger in der Innenstadt ist großartig! Meiner Meinung nach gehört zu einem gesunden Stadtbild ein Nahversorger dazu“, sagt Pierre Bechler, Geschäftsführer des Stadtmarketing Villach.
Dass es fast sechs Jahre gebraucht hat, bis es nun zur Ansiedelung kommt, erklärt Bechler wie folgt: „Ein Nahversorger braucht eine adäquate Größe. In Villach haben wir – speziell in der A-Lage, sprich am Hauptplatz – eine geringe Anzahl an Leerständen. Größere Konzerne oder Ketten finden daher oft nicht die passenden Flächen, wie solche vom ehemaligen ‚Moustache‘.“ Wäre eine entsprechende Fläche frei gewesen, hätte sich laut ihm bereits vor zwei Jahren wieder ein Nahversorger in der Innenstadt angesiedelt.
Parkplatz-Mangel als Frequenz-Killer
Raimund Haberl von Wirtschaftskammer Kärnten (Sparte Handel) sieht einen Aufschwung für die Stadt, hat aber Bedenken wegen der Parkplatzsituation. „Die Raumplanung rund um die Städte ging in den vergangenen Jahren schief. Somit wurden zwar Einkaufsmöglichkeiten mit genügend Parkplätzen geschaffen, aber abseits der Innenstadt. Durch die Fußgänger-Zone muss man seine Einkäufe durch die Stadt schleppen und kann nicht, wie gewohnt, vor dem Geschäft parken“, sagt Haberl. Ob es sich für den Betreiber rentiert, sei laut ihm eine „rein unternehmerische Entscheidung“.
Der Markt soll eine 50-50-Kooperation mit der Rewe-Gruppe werden, das Angebot Regional. „Rewe dient als Lieferant, ich agiere jedoch als selbstständiger Kaufmann“, erklärt der Unternehmer, der fünf Arbeitsplätze schaffen will. Für seine Verkaufsfläche plant Koschier einen Lieferservice mit eigener Hotline, um vor allem älteren Menschen den Einkauf nach Hause zu liefern. Zudem plant er eine 24-Stunden-Einkaufsmöglichkeit und Lebensmittelautomaten in der Passage. Zusätzlich wird ein kleines Bistro mit acht Sitzplätzen und einer Selbstbedienungstheke angeboten, wo Kunden Speisen warm machen, vor Ort essen oder Snacks und To-Go-Speisen kaufen können. Die Eröffnung des Geschäfts ist für April oder Mai 2024 geplant.