Die Gewerkschaft schlug jüngst Alarm, weil es einen eklatanten Personalmangel bei der Polizei gibt. Macht sich das auch im Bezirk St. Veit bemerkbar?
DANIELA PUFFING: Es ist eine sehr dynamische Personalsituation. 108 Bedienstete sollten im Bezirk St. Veit ihren Dienst verrichten, derzeit haben wir 98 Bedienstete. Man muss aber berücksichtigen, dass es darunter zahlreiche Sonderverwendungen von Bediensteten gibt. Teilweise profitiert der Bezirk unmittelbar von diesen zusätzlichen Qualifikationen, teilweise werden die spezialisierten Bediensteten österreichweit eingesetzt und stehen da natürlich auf der Dienststelle nicht zur Verfügung.
Also gibt es im Bezirk einen Mangel an Polizistinnen und Polizisten. Was können Sie als Bezirkspolizeikommandantin dagegen tun?
Mit knapp über 90 Prozent ist die Personalzahl verhältnismäßig gut, auch wenn es erstrebenswert wäre, tatsächlich 108 Bedienstete zu haben. Was wir im Bezirk tun können: Wenn es eine Ungleichgewichtung zwischen den einzelnen Dienststellen gibt, können wir mit bezirksinternen Zuteilungen arbeiten. Darüber hinaus meldet man den jeweiligen Personalbedarf an die Landespolizeidirektion.
Was sind derzeit die größten Herausforderungen im Bezirk?
Recht auffällig ist der Anstieg der Gewaltkriminalität, also Delikte gegen Leib und Leben, vor allem im privaten Bereich. Von 2021 auf 2022 ist die Gewalt in der Privatsphäre um mehr als 80 Prozent gestiegen. Es ist natürlich schwierig zu sagen, was die Ursachen sind. Aber ich denke, dass verschiedenste Informationskampagnen wirken und die Gefährdeten sowie insbesondere beobachtende Personen die Polizei vermehrt verständigen.
Trotzdem gibt es nach wie vor viele Femizide.
Ja, es sind österreichweit schrecklich hohe Zahlen. In St. Veit gab es in den letzten sechs Jahren vier Femizide. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir eine Frau in Liebenfels, die von ihrem Ex-Partner durch zahlreiche Messerstiche getötet wurde. Wir waren sehr schnell vor Ort und dadurch auch mit der Betroffenheit in ihrem Umfeld konfrontiert. Kollegen hatten zuvor ein Betretungsverbot gegen den Mann ausgesprochen, das aber zu diesem Zeitpunkt schon ausgelaufen war.
Müssen hier vielleicht Gesetze verschärft werden?
Die Gesetzeslage ist ausreichend, aber es ist für uns einfach schwierig, an Betroffene heranzukommen. Wenn Frauen Opfer in einer solchen Beziehung sind, ist es schwer, einen Schlussstrich zu ziehen oder Hilfe zuzulassen. Man muss genau den richtigen Moment finden, um als Ansprechpartner da zu sein.
Stellen Übergriffe auf Polizistinnen und Polizisten, wie es sie im vergangenen Jahr in St. Veit gegeben hat, weiterhin eine Gefahr dar?
Wenn man sich die gesellschaftliche Entwicklung ansieht, merkt man, dass sich immer mehr Personen gegen Hoheitsmächte wie die Polizei zur Wehr setzen – und das auch vermehrt gewalttätig. Mit Schlägen, Tritten und Messerangriffen. In St. Veit sind die Zahlen zwar im letzten Jahr von neun auf sechs zurückgegangen, aber es ist ein großes Thema und ein Grund, warum man sich die Ausrüstung genauer ansieht. Im Außeneinsatz müssen Polizistinnen und Polizisten immer eine ballistische Weste tragen, um die Verletzungsgefahr zu minimieren. Bei jeder Amtshandlung muss man damit rechnen, dass sich die Person zur Wehr setzt.
Zurück zur Personalsituation: Viele junge Kärntnerinnen und Kärntner wollen lieber in Wien oder Graz den Polizeidienst verrichten. Warum?
Ich habe zwölf Jahre lang in Graz meinen Dienst verrichtet. Es ist ein anderes Arbeiten, aber die Herausforderungen sind in Kärnten nicht weniger. Außerdem nimmt man in der Stadt Fälle zwar oft auf, leitet sie dann aber an eine andere Stelle weiter. Im ländlichen Raum kann ich meine aufgenommenen Fälle aber finalisieren. Ich muss Personen vernehmen, die Staatsanwaltschaft kontaktieren. Es ist komplexer und intensiver.
Braucht es künftig mehr Polizeikräfte gegen Cyberkriminalität?
Ja, es gibt nur noch wenige Delikte, bei denen wir nicht auf unsere Spezialistinnen und Spezialisten zurückgreifen müssen. Es ist massiv spürbar, dass die Kriminalität digitaler wird, und auch die Covid-Pandemie hat das befeuert. Raubüberfälle sind beispielsweise kaum noch ein Thema, weil man in anderen Bereichen viel mehr Geld rausholen kann, ohne jemals einen persönlichen Kontakt zum Opfer zu haben. Der Internetbetrug ist 2022 im Bezirk um 38 Prozent gestiegen. Oft wird immenser Druck auf Opfer ausgeübt und erst Anzeige erstattet, wenn das Geld schon überwiesen ist. Dann ist es für die Polizei aber schwierig, die Täterin oder den Täter zu finden.
Wie viele Bedienstete gegen Cyberkriminalität gibt es in St. Veit?
Momentan haben wir drei Bezirksdatenermittler. Diese Zahl wird für die Zukunft nicht mehr ausreichend sein, da muss aufgestockt werden. Auch fortlaufende Schulungen in diesem Bereich sind wichtig, um Basiswissen an alle Bediensteten zu vermitteln und zu erhalten. Damit werden die Unterstützungstätigkeiten von den Datenermittlern nicht bei jeder Kleinigkeit gebraucht.